Kompromiß mit Pinochet

■ Opposition akzeptiert Entwurf der chilenischen Regierung für Verfassungsreform

Santiago (afp/dpa/taz) - Chiles Oppositionsparteien haben dem Projekt einer Verfassungsreform zugestimmt, das die Militärregierung ausgearbeitet hat. Die Reform soll noch vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen am 14.Dezember in Kraft treten. Allerdings muß sie noch einer Volksbefragung unterworfen werden, die voraussichtlich im August stattfinden wird. Daß die vereinigte Opposition aus 17 Parteien grünes Licht für das Projekt der Verfassungsreform gegeben hat, gab der christdemokratische Parteichef Patricio Aylwin bekannt. Der Präsident der linken Parteienkoalition PAIS erklärte gegenüber der taz, man sei zwar mit dem Ergebnis nicht zufrieden, stimme aber zu, um einen schrittweisen Übergang zur Demokratie zu ermöglichen.

Eine Reihe von Verbesserungen gegenüber der von Pinochet 1980 durchgesetzten Verfassung hat die Opposition durchgesetzt: Das Verbot der Kommunistischen Partei wird aufgehoben, in Zukunft kann nur noch das Oberste Gericht eine Partei wegen konkreter Handlungen verbieten und nicht mehr, weil „ihre Auffassung von der Gesellschaft“ - so steht es bislang in der Verfassung - „sich auf den Klassenkampf stützt“. Weiter wird der Anteil der gewählten Mitglieder der zweiten Kammer, des Senats, erhöht. Mit ihrer Forderung, die Einrichtung von ernannten Senatoren - darunter vier ehemalige Oberbefehlshaber der Teilstreitkräfte und Pinochet selbst in seiner künftigen Eigenschaft als Ex-Präsident abzuschaffen, konnte sich die Opposition zwar nicht durchsetzen. In Zukunft werden es nur noch zehn von 38 sein Fortsetzung und Interview

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statt zehn von 26. Und: Sie werden nur für acht Jahre ernannt, danach sollen sie nicht mehr ersetzt werden.

Vor allem aber wird dem Regime ein Hebel genommen, mit dem es auf lange Zeit Verfassungsänderungen, die das Parlament gegenüber dem Militär stärken, verhindern wollte: Bisher mußten bestimmte Verfassungsänderungen von den Abgeordneten zweier aufeinanderfolgender Legislaturperioden beschlossen werden, um in Kraft zu treten. Dieser Passus wird nun abgeschafft.

Der Nationale Sicherheitsrat soll um vier zivile Mitglieder erweitert werden. Dennoch bleibt, wie Staatschef Pinochet am Mittwoch abend in einer Rundfunkansprache mitteilte, die starke Stellung der Armee unangetastet. Für ihn hat sie schließlich seit 1973 „die nationale Sicherheit und die verfassungsmäßige Ordnung gewährleistet“.

mr