Amazonenhafter Sturz der Anklage

■ Anklage wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ von Berliner Kammergericht abgewiesen und Haftbefehle gegen Claudia Orlowsky und Wolfgang Behling aufgehoben

Berlin (taz) - Der 5. Strafsenat des Berliner Kammergerichts hat am Donnerstag die Haftbefehle gegen Claudia Orlowsky (29) und Wolfgang Behling (36) aufgehoben und die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens nach § 129 abgelehnt. Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft hätten beide wegen der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, der „Amazonen“, angeklagt werden sollen. Die „Amazonen“ werden für Brandanschläge auf Sex-Shops und im Sex-Tourismus engagagierte Reisebüros in Berlin verantwortlich gemacht.

Das Verfahren gegen Orlowsky und Behling geht allein auf die Aussagen des Verfassungsschützers Eberhard Benzing zurück. Er hatte behauptet, er habe der Beschuldigten Orlowsky auf deren Wunsch im Februar 1988 einen Keller besorgt. Am 16. Dezember letzten Jahres waren dort drei Blechkisten mit Bauteilen für Brandsätze und etwa 50 Gramm explosionsfähiges „Selbstlaborat“ sichergestellt worden. Noch in derselben Nacht wurden Claudia Orlowsky, Wolfgang Behling und fünf weitere Personen festgenommen. Die Verfahren gegen die fünf sind zwischenzeitlich eingestellt worden. Orlowsky und Behling kamen erst nach über vier Monaten und gegen 50.000 Mark Kaution aus der Untersuchungshaft frei.

Nicht nur die Frage des möglichen Anklagevorwurfes war in dem Verfahren strittig. So erfolgte die Sicherstellung der Bauteile durch Mitarbeiter des VS, denen derartige exekutive Maßnahmen aufgrund des Trennungsgebotes zwischen Geheimdiensten und Polizeibehörden untersagt sind. Dubios ist auch die Rolle des einzigen Belastungszeugen, Benzing. Nicht nur agierte dieser jahrelang im Auftrag des VS in der Kreuzberger Szene. Er soll auch einer von fünf VS -Mitarbeitern sein, die gleichzeitig bei der Berliner Schutzpolizei mit dem Rang eines Polizeihauptmeisters geführt werden. Der Termin für die Verhandlung, die nun vor einer großen Strafkammer am Berliner Landgericht geführt werden soll, steht noch nicht fest.

Wolfgang Gast