Kurzer Prozeß für Flüchtlinge

■ Innenministerkonferenz beschließt Verschärfung des Asylverfahrens / Innenminister Schäuble: Bundesrepublik ist und bleibt „ausländerfreundlich“ / Bundesamt soll dezentralisiert werden

Berlin (taz) - Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich am Samstag einvernehmlich auf eine weitere Verschärfung und Straffung der Asylverfahren verständigt. Zukünftig sollen - wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Anschluß an eine Sondersitzung der Innenministerkonferenz (IMK) in Bonn mitteilte - die Masse der Asylverfahren in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Vorgesehen sei, in den Bundesländern zentrale Annahmestellen für Asylanträge einzurichten.

In unmittelbarer räumlicher Nähe sollen ihnen Außenstellen des Zirndorfer Bundedamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge angegliedert werden. Ziel der Maßnahme ist es, die entscheidungsrelevante Anhörung vor dem Bundesamt in einen möglichst nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Anhörung vor der jeweiligen Ausländerbehörde zu stellen.

Den Plänen zufolge sollen die Antragsteller bis zur Anhörung und der Entscheidung über ihren Antrag am Ort der Außenstellen untergebracht werden.

Die Beschlüsse der Innenministerkonferenz, die der Bonner Innenminister als „wichtigen Schritt“ bezeichnete, sollen bis zum 1. Oktober umgesetzt werden. Bereits am Freitag wurden im Nachtragshaushalt des Zirndorfer Bundesamtes 221 neue Stellen bewilligt, die nun überwiegend in den neu zu schaffenden Außenstellen eingerichtet werden sollen.

Trozt stark zurückgegangener Asylanträge - mit 6.540 Anträgen lag die Zahl der Flüchtlinge rund 22 Prozent unter der Zahl des Vormonates - denkt der Bonner Innenminister über weitergehende Verschärfungen nach. Mit Blick auf die entsprechenden Vorlagen beim Bundesrat bezeichnete er eine Änderung des Asylverfahrensgesetzes als denkbar. Schäuble erklärte weiter, bei „offensichtlich unbegründeten“ Asylverfahren könne eine Abschiebung im Sofortvollzug angeordnet werden, so daß vor den Verwaltungsgerichten dann auch im Eilverfahren entschieden werden könne. Nach dem Willen des Bundesinnenministers sollte auch die Rechtsstellung von Flüchtlingen weiter eingeschränkt werden. Er stellte die Frage, ob bei den Verwaltungsgerichten eine Berufungsinstanz überhaupt nötig sei.

Bei alldem beteuerte der Zimmermann-Nachfolger, „die Bundesrepublik ist ein ausländerfreundliches Land, und sie wird es in Zukunft auch bleiben“. Mit der Beschleunigung des Verfahrens sollten - so Schäuble - „Tendenzen von Ausländerfeindlichkeit im Keim erstickt“ werden.

„Alte Ängste kommen wieder hoch“, erklärten gestern verschieden Mitarbeiter von Ausländerinitiativen und „amnesty international“. So wünschenswert eine Beschleunigung der Asylverfahren wäre, so bedenklich seien die jetzt verabschiedeten Maßnahmen. Ihnen scheint allein schon unmöglich, daß bis Anfang Oktober dieses Jahres die neu zu schaffenden Stellen des Bundesamtes mit „kompetenten Leuten“ zu besetzen sind. Und die angestrebten „Parallelanhörungen“ würden dazu führen, daß sich die Asylantragsteller kaum auf ihre Verfahren vorbereiten könnten. Sie würden künftig zu ihrer Anhörung nicht einmal mehr regulär geladen werden. Durch die geplante Zentralisierung in den Bundesländern wäre weiter eine Betreuung der Flüchtlinge durch die lokalen Initiativen erheblich erschwert und die Verfahren damit auch dem kritischen Blick der Öffentlichkeit entzogen.

Wolfgang Gast