Bremerhaven legt Umweltsenatorin rein

■ Müllbeseitigungsanlage will Verträge mit Umlandgemeinden bis zum Jahr 2020 verlängern / Bremen bleibt auf Müll sitzen

Der Entwurf eines Abfallwirt schaftsplanes, von Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte im September vorgelegt, scheint in einem wesentlichen Ziel bereits ein halbes Jahr später Makulatur zu sein: Die Müllbeseitigungsanlage (MBA) Bremerhaven, in der die Bremer Umweltbehörde nach 1995 den Bremer Restmüll verbrennen wollte, verhandelt derzeit mit vier niedersächsischen Landkreisen um die Verlängerung der Lieferverträge bis ins Jahr 2020.

Hintergrund: In der MBA las

sen die Landkreise Cuxhaven, Osterholz, Verden und die Stadt Emden ihren Müll zu Dumpingpreisen verbrennen. Den Selbstkosten der MBA von DM 72,60 je Tonne stehen weniger als 30 Mark Erlöse gegenüber. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hatte im vergangenen Jahr geurteilt, daß es rechtswidrig ist, dieses Defizit über erhöhte Müllgebühren für die Bremerhavener Haushalte auszugleichen. Da die Landkreise verständlicherweise wenig Neigung zeigen, die rechtsgültigen Verträge zu än

dern, werden sie jetzt von der MBA-Geschäftsleitung mit längeren Laufzeiten gelockt. Planungssicherheit bis zum Jahr 2020 bietet die MBA und möchte die Landkreise damit bewegen, künftig die anfallenden Verbrennungskosten selbst zu tragen.

Dann kann Senatorin Lemke-Schulte die Variante B1 ihres Abfall-Plan-Entwurfes vergessen. Heißt es da doch zur Zukunft der Bremer Müllpolitik nach einer eventuellen Schließung der veralteten Bremer Anlage im Jahr 1995: „Der Restmüll wird in der

vorhandenen MBA Bremerhaven verbrannt, da diese hinsichtlich der Verbrennungs- und Reinigungstechnologie auf dem Stand der Technik ist.“

„Uns ist das Hemd näher als der Rock“, begründet MBA -Geschäftsführer Ketteler die Verhandlungen, die er im vollen Einvernehmen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der MBA, Bürgermeister Brandt, und der Stadtregierung, dem Magistrat führt. Realistische Planungen mit dem Bremer Müll seien nicht möglich, „da müßten die uns erstmal sagen, wieviel ab wann bei uns verbrannt werden soll“.

In zwei Schreiben hat Umweltsenatorin Lemke-Schulte den Bremerhavener Genossen Brandt dringend gebeten, von einer Vertragsverlängerung zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen. Verläßliche Daten will sie den Bremerhavenern bis zum Frühjahr des kommenden Jahres vorlegen. „Erst dann ist klar, auf welche

Option wir setzen“, so die Senatorin.

Und ein hoher Beamter ihrer Behörde zu den Konsequenzen, falls Bremerhaven die Verträge gegen den Bremer Wunsch abschließt: „Dann sind wir endgültig draußen und müßten sogar den Neubau einer Müllbeseitigungsanlage für Bremen überlegen. Denn 20 Jahre hält das alte Ding nicht mehr.“ Und zur Regierungserklärung des Bürgermeisters, der die Stillegung der Bremer MVA für 1995 angekündigt hatte: „Ich weiß nicht, wie man das dann noch umsetzen kann. Und die gilt immerhin für beide Stadtstaaten.“

Dagegen meint MBA-Geschäftsführer Ketteler ungerührt: „Ich gehe davon aus, daß die neuen Verträge dieses Jahr unterschrieben werden.“ Und: „Auf die Bremer Anlage kann sowieso nicht verzichtet werden. Die muß richtig ausgebaut werden.“

Holger Bruns-Kösters