Journalist „im Fadenkreuz“

■ Brandanschlag auf Garage eines 'Tagesspiegel'-Redakteurs / Bekennerschreiben von „Autonomen Arbeiter/innen Initiative“ / Kritik an Kommentaren zum RAF-Hungerstreik

Weil ihnen die Berichterstattung über den Hungerstreik der RAF-Gefangenen nicht paßte, haben unbekannte Täter am Freitag morgen einen Brandanschlag auf die Garage des 'Tagesspiegel'-Redakteurs Karl-Heinz Brinkmann verübt. Menschen wurden nicht verletzt, am Fahrzeug entstand nach Angaben der Polizei Totalschaden.

Der Staatsschutz habe die Ermittlungen aufgenommen. In mehreren Bekennerschreiben, die erst gestern bei Nachrichtenagenturen und Berliner Tageszeitungen eingingen, titulierte die bislang unbekannte „Autonome Arbeiter/innen Initiative“ Brinkmann als „Staatsschutzjournalist“, der bereits seit „Jahren im Fadenkreuz“ ihrer Kritik stünde. Den Brandsatz habe man gelegt, „um auch nach Beendigung des Hungerstreiks auf allen Ebenen die Zusammenlegung durchzukämpfen“. Ausführlich wurde aus Kommentaren Brinkmanns zum Hungerstreik zitiert, in denen dieser für eine harte Haltung gegenüber den Hungerstreikenden plädiert hatte, und als Rechtfertigung für den Anschlag genannt.

Mit seinen Artikeln habe der Redakteur „Aufstandsbekämpfung auf Medienebene betrieben.“ Außerdem habe sich der 'Tagesspiegel‘ ebenso wie das 'Volksblatt‘ geweigert, einen Appell für die Forderungen der Hungerstreikenden als Anzeige abzudrucken. In ihren Bekennerschreiben verlangten die „Autonomen Arbeiter/innen“ zudem die Forderungen der Plötze -Frauen zu erfüllen, wobei ihnen offenbar entgangen ist, daß diese ihren Hungerstreik Ende Mai abgebrochen haben, nachdem die Justizverwaltung Zugeständnisse gemacht hatte.

In der Redaktion des 'Tagesspiegel‘ war nach Angaben von Joachim Bölke, Mitglied der Redaktionsleitung, bereits am Samstag ein erstes Bekennerschreiben eingegangen, in dem der Brandanschlag als Aktion „gegen Staatsschutzjournalismus“ bezeichnet wurde. Nachdem der 'Tagesspiegel‘ jedoch nicht reagiert habe, seien gestern ausführlichere Briefe nachgeschoben worden, vermutete Bölke. Mögliche Nachahmungsaktionen nahm er eher gelassen. „Das gehört mittlerweile zum Berufsrisiko - das muß man kalt hinnehmen.“

anb