„Der Himmel über China weint“

■ Bundesweite Proteste und Demonstrationen gegen das Pekinger Massaker / China-Initiativen und Freundschaftsgesellschaften fordern nachhaltigen Protest und Sanktionen gegen Pekinger Führung / Selbst Traditionskommunisten protestieren

Berlin (taz) - In Hamburg zogen gestern drei- bis viertausend Menschen aus Protest gegen die blutigen Ereignisse auf dem Pekinger Platz des Himmlichen Friedens vor das chinesische Generalkonsulat. Auf den mitgeführten Transparanten hieß es: „China blutet“, „Studentenmörder“ und „Volksverbrecher“. In einem Appell forderten die DemonstrantInnen - darunter etwa 1.000 Studenten aus China den Hamburger Senat auf, die intensiven Beziehungen der Hansestadt zur Volksrepublik abzubrechen und in diesem Sinne auch auf die Bundesregierung einzuwirken. Die DemonstrantInnen führten neben chinesischen Todessymbolen auch eine chinesische Landkarte mit, die symbolisch mit roter Farbe übergossen war. Auf dem Bonner Münsterplatz trauerten gestern etwa tausend StudentInnen in strömendem Regen um die ermordeten Kommilitionen in China. Die Kundgebung mündete in einen Demonstrationszug, der am Abend vor die chinesische Botschaft in Bad-Godesberg zog.

Der bundesweite Verband der chinesichen Studenten und Wissenschaftler hatte gestern zu weiteren Demonstrationen in Berlin, München und Stuttgart aufgerufen. Der Verband, der über 4.000 Mitglieder verfügt, rechnete mit insgesamt bis zu 10.000 TeilnehmerInnen. Der 33jährige Zhao Liang forderte gestern für den Studentenverband, die Bundesrepublik solle gegenüber China einen Wirtschaftsboykott verhängen. Mit den Protestmärschen wollten die Organisatoren ihre Solidarität mit den Opfern ausdrücken und auf Militärs und Regierung Druck ausüben, damit es zu keinem weiteren Blutvergießen komme. Weitere Demonstrationen organisierten gestern in Düseldorf, Mainz und in Trier die Asten der Universitäten, zum Teil in Zusammenarbeit mit den örtlichen Verbänden der grünen Partei. Bereits am Sonntag kam es in mehreren bundesdeutschen Städten zu spontanen Protestkundgebungen. In Bonn zogen 300 und in München etwa 400, darunter viele chinesische StudentInnen, auf die Straße. Über 200 DemonstrantInnen trafen sich in der Nacht in Hamburg vor dem Generalkonsulat Chinas. Die Hamburger „Vereinigung der chinesischen Studenten und Wissenschaftler“ übergab dann dem Generalkonsul eine Protestnote, in der sie den sofortigen Rücktritt der chinesichen Regierung und der KP-Führung forderte. „Der Himmel weint“, rief einer der chinesischen Studenten. Auch in Berlin zogen am Sonntag im Anschluß an eine spontane Versammlung, auf der erste Videos über das Blutbad gezeigt wurden, an die tausend Chinesen und Deutsche in einem Protestmarsch durch die Innenstadt. Sie forderten Wirtschaftssanktionen gegen die Volksrepublik China, „und zwar von allen Völker der Welt“. Über Megaphone und mit erhobenen Fäusten riefen sie immer wieder: „Nieder mit der faschistischen Regierung“ und „Der Sieg gehört der Demokratie“. Von der Bundesregierung und allen demokratischen Parteien einen „deutlichen und nachhaltigen Protest gegen die blutige Niederschlagung des Volkswillens in China und die kaltblütige Mißachtung der Menschenrechte“ forderte gestern auch eine Gruppe von über 60 WissenschaftlerInnen, die an den verschiedenen bundesdeutschen Universitäten als Chiha-Experten tätig sind. Wie gestern in Düsseldorf verlautete, hat der NRW -Arbeitsminister Hermann Heinemann seinen für den 18.Juni geplanten Chinabesuch abgesagt. Die DKP Köln-Ehrenfeld attackierte als eine der ersten kommunistischen Organisationen den Militäreinsatz bei nur einer Enthaltung als „schlimmen Verstoß gegen Humanität, Menschenrechte und demokratischen Fortschritt“ und protestierte bei der Bonner Botschaft. Die Kölner Traditionskommunisten forderten weiter ihren Parteivorstand auf, „das Vorgehen der Führung unserer Schwesterpartei in der VR China (zu) verurteilen“.

wg