Arbeitslosenhilfe jetzt wieder elternabhängig

■ Bundestag legalisierte illegale Arbeitsamts-Praxis

Im Sommer vergangenen Jahres kippte das Bundessozialgericht in Kassel die rechtswidrige Praxis der Arbeitsämter, Arbeitslosenhilfe abhängig vom Einkommen der Eltern zu zahlen. Jetzt hat die Bundesregierung nicht etwa die Praxis der Arbeitsämter an den Richter-Spruch angepaßt, sondern das Gesetz geändert. Versteckt im „Kriegsopferanpassungsgesetz“ verabschiedete der Bundestag am 1. Juni den Zwang, jede angebotene Arbeit anzunehmen, um überhaupt in den Genuß von Arbeitslosenhilfe kommen zu können. Gleichzeitig wird die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gesetzlich verankert.

Konkret bedeutet die Neuregelung: Hans Klein, 34 Jahre alt, hat Sozialwissenschaften studiert, war nach dem Studium arbeitslos, bekam dann eine ABM-Stelle. Danach gab es ein halbes Jahr lang Arbeitslosengeld, seitdem nur noch Arbeitslosenhilfe. Bei der Bedürftigkeitsprüfung stellte das Arbeitsamt fest, daß sein Vater soviel verdient, daß er nach der neuen gesetzlichen Regelung unterhaltspflichtig gegenüber seinem Sohn ist. Die Folge: Für Hans Klein gibt es nur eine minimale Arbeitslosenhilfe. Außerdem muß er nun jede Arbeit annehmen, die ihm vom Arbeitsamt angeboten wird

-auch Teilzeitarbeit, befristete Anstellungen

und Arbeiten, die weit unter seiner akademischen Qualifikation liegen. Eine entsprechende Erklärung muß er vor der ersten Überweisung des Arbeitsamtes unterschreiben.

Allerdings gibt es gegen die gesetzliche Neuregelung nach wie vor juristische Bedenken. Selbst der Rechtsausschuß des Bundestages meldete solche an, stellte sie dann aber wieder zurück, weil das Gesetz bis 1992 befristet ist. Dann muß das gesamte AfG im Rahmen einer europaweiten Anpassung novelliert werden.

Wer also den Instanzenweg nicht scheut, kann mit einem Widerspruch gegen elternabhängige Arbeitslosenhilfe -Bewilligungen den Weg durch die Gerichtsinstanzen antreten. Würde sich z.B. Hans Klein dafür entscheiden, könnte er zunächst Sozialhilfe beantragen. Und die wird in Bremen inzwischen elternunabhängig gewährt. Die Bremer Arbeitsloseninitiativen raten jedoch zu einer individuellen Beratung, da jeder Einzelfall anders liegen kann.

„Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Konzept, statt die Arbeitslosigkeit die Arbeitslosen zu bekämpfen“, beschwerte sich unterdessen die Kooperationsrunde der Bremer Arbeitslosengruppen über die Anpassung des Gesetzes an die illegale Arbeitsamts-Praxis.

rike/Ase