Football für die Bundeswehr ?

Ein Nachtrag zum Nato-Gipfel  ■  PRESS-SCHLAG

Die Welt wird kleiner, also auch die Sportwelt. Da gibt es bereits Bobfahrer aus Australien, Tischtennisspieler aus Guatemala, und Baseballteams aus Nicaragua leisten in der Sowjetunion Entwicklungshilfe - nur die Welten des europäischen Fußballs und des US-amerikanischen Football scheinen selbst nach vierzigjähriger westlicher Allianz dicht gegeneinander abgeschottet zu sein. Trotz großer Investitionssummen und Multiplikatoren wie Beckenbauer und Pele gelang der Fußballexport in die USA nicht. Der als „Operettenliga“ belächelte Versuch scheiterte. Nachdem die FIFA entschieden hat, die Weltmeisterschaft 1994 ins Land der Dollars und Mäzene zu vergeben, wird bald ein neuer Versuch gestartet werden. Die Erfolgsaussichten sind zweifelhaft.

Das beruht auf Gegenseitigkeit. In der Bundesrepublik, dem Land der diesjährigen Europameisterschaft im Football, gruppieren sich die Mannschaften in der Regel um einige US -Soldaten. Football kommt von seinem schlechten Image als Brutalo-Sport nicht weg. Auch wenn kraftvolle, lebensfrohe junge Leute im Football-Dreß inzwischen für Ketchup und Schokoriegel werben, auch wenn es - das Kabelfernsehen macht es möglich - am letzten Januarwochenende dieses Jahres eine Fülle von Feten mit Übertragung des Finales um die Super Bowl gab, es fehlt in unseren Breitengraden ein gesellschaftlicher Träger für Football.

Ein Soziologe will dafür eine endgültige Erklärung gefunden haben. Andrei S.Markovits behauptet in seinem Aufsatz „The Other American Exceptionalism - Why Is There No Soccer In The United States?“ (in: Praxis International, Heft 2/88), die gemeinsame Wurzel beider Spiele liege im englischen „running game“, das an bürgerlichen „public schools“ zu Hause war. Mit dem Verbot, den Ball zu tragen und dem so entwickelten Zwang, das Paßspiel zu verbessern, setzte sich der kollektive Charakter des Fußballs durch, der zum Paradesport der sich entwickelnden Arbeiterklasse wurde, während in den USA die schwache Arbeiterbewegung den bürgerlichen College-Football nie verdrängen konnte. Gestützt wird das ganze noch mit Worten aus dem Munde des führenden Republikaners Jack Kemp: „Football ist unternehmerischer Kapitalismus: er hat eine Quarterback, jemanden, der führt; Fußball beruht aber mehr auf der sozialistischen Tradition Europas.“

Der Autor, der seine sowjetische Herkunft nicht verbirgt, denkt streng schematisch und scheint einen Ferenc Puskas oder Günter Netzer ebensowenig zu kennen wie Tim Krumrie, den Nose Tackle der Cincinnati Bengals, oder die Guards der San Francisco 49ers, die durch ihr kollektives Wirken dem herausragenden Quarterback Joe Montana im Finale erst die langen Pässe möglich machten.

Das ist nämlich die andere Seite des Macho-Sports. Da es tausend verschiedene Wege gibt, das schweinslederne Ei zum Touchdown hinter die gegnerische Mallinie zu bringen, hat das Ganze auch etwas von Rasenschach. Da wird nicht nur gedrängelt, gehauen und getackelt, sondern auch signalisiert, geknobelt und dauernd verhandelt. Und das könnte die Propagandisten dieses Sports doch noch fündig werden lassen.

Werbung und Kabelfernsehen reichen nicht aus, um Leute zu finden, die den Sport auch ausüben. Das College-System läßt sich im bundesdeutschen allgemeinen Hochschulsport nicht kopieren. Gymnasien, die ihren Schülern besonderes bieten wollen, bevorzugen nach wie vor Rudern oder Segelfliegen. Wie wär es also mit der Bundeswehr?

Die Einheit von Kraft und Finesse, von Verteidigungsbereitschaft und Gehorsam, von dynamischen jungen Leuten und strategischen Planern ließe sich kaum besser versinnbildlichen. George Bush würde es zu würdigen wissen.

Bernd Gäbler