Enteignet den ADAC!£

■ Günter Grass und Klaus Staeck initiieren Kampagne gegen den Autoklub

Na endlich: Günter Grass und Klaus Staeck muß man für ihre Aktion gegen den ADAC feucht und heftig knutschen. Die Kampagne gegen die Verspoilerung der Gesellschaft war überfällig. Der nachdenkliche Teil der Bevölkerung und Prominente jeglicher Couleur sollten sich dem Boykott schleunigst anschließen. Die Rallyestreifen- und Breitreifenfraktion der ADAC-Zentrale, diese verstaubte unerträgliche Beton- und Bleifuß-Riege, gehört schon lange dorthin, wo Blech und Blinker ruhen - auf den Autofriedhof. Und zwar mit Tempo 200.

Die Borniertheit, mit der dieser Verein in Berlin gegen das Tempolimit für 6,5 Kilometer Avus anrennt und es zur Schicksalsfrage über Leben und Tod erklärt, ist prototypisch. Schon kleinste Schritte zur Bändigung des Autos, zu einer neuen Gemächlichkeit und einem Ausweg aus autoverstopften und kollabierenden Innenstädten werden von den gelben Auspuff-Engeln seit Jahren bekämpft und - wie jetzt in Berlin - als bewußte Schikane wehrloser Autofahrer diffamiert. Der ADAC ist nichts als dumpfmeiernde Interessenpolitik für die Hersteller der Oberklasse-Karossen und eine bestimmte Spezie von Autofahrer: auf dem Hals sitzt der Turbolader.

Daß jetzt Schriftsteller gegen diesen Verband zu Felde ziehen, ist eine neue Qualität. Offenbar hat der Aufstand an der Avus das Faß zum Überlaufen gebracht. Während neuerdings in Bonn mit Zimmermann ein Großwildjäger über die deutschen Autobahnen wacht und Vergeltungsschläge gegen Nachtfahrverbote und Tempolimits europäischer Nachbarn androht, ist im gesellschaftlichen Bewußtsein die verkehrspolitische Wende längst vollzogen. Kein vernünftiger Mensch wünscht sich eine Zukunft mit noch höheren Zulassungszahlen, noch mehr Autokilometern, noch mehr Straßen, noch mehr Beton, noch mehr PS, noch hochgerüsteteren Autos. Doch zugleich finanzieren viele, die schon längst eine andere Verkehrspolitik wollen, mit ihren Mitgliedsbeiträgen genau jenen Verband, der die alte Autopolitik, garniert mit ein bißchen Katalysator, unbelehrbar weiterpowert. Der ADAC und seine Fans sind ein Fossil.

Wenn es denn stimmt, daß gezielte Boykott-Aktionen die Aktionsform der neunziger Jahre werden, dann könnte die ADAC -Kampagne ein hoffnungsvoller Auftakt sein. Und anders als beim Mineralöl-Boykott, wo es bei Esso, Shell, Texaco und Co. keine wirkliche Alternative gibt, steht sie in Sachen ADAC sehr wohl zur Verfügung. Wir wissen nicht, was Helmut Kohl empfiehlt. Wir empfehlen den Beitritt in den ökologisch orientierten Verkehrsklub VCD, Bonn, Kalkuhlstr. 28, Tel. 0228/444144.

Manfred Kriener

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