Knapp an einer Ölpest vorbei

■ Teile der 10.000 Tonnen Heizöl wieder aufgesaugt / Strände verschont

Ein Aufatmen ging gestern durch die Reihen der Kur-und Gemeindedirektoren, Pensionswirte und Gastronomen im Butjadinger Land. Eine Ölpest an den Stränden zwischen den Mündungen von Jade und Weser war gerade noch verhindert worden. Nach Angaben der Behörden wurden ein ölverschmutzter Seehund sowie drei verendete ölverschmierte Vögel entdeckt.

Mindestens 10.000 Liter schweres Heizöl waren in der Nacht zum Donnerstag aus einer defekten Löschleitung in Wilhelmshaven gelaufen. Das Öl bildete einen etwa fünf km langen und 200 Meter breiten Teppich. Bei zeitweise kräftigem Nordwestwind driftete er übers Watt auf die Butjadinger Küste zu.

Drei Ölbekämpfungsschiffe, die wenige Stunden nach dem Unfall im Einsatz waren, taten das Mögliche. Auf den Deichen Butjadingens standen Helfer mit Schaufel und Eimer bereit. Wechselnde Winde und Strömungen machten zuverlässige Prognosen über den Weg des Öls nahezu unmöglich. Zeitweise sahen die Butjadinger das Öl schon vor

den Deichen schwabbeln. Dann war es wieder fort.

Erste, noch unvollständige Nachrichten über das Ereignis lösten besorgte Anrufe von Feriengästen aus der gesamten Bundesrepublik aus. Auch die Medien machten mobil. Das hatte auch unerwartete Folgen für die Behörden: Gestern gab es für sie keinen Hubschrauber für eine Beurteilung der Lage aus der Luft. Fernsehteams und Pressefotografen hatten alle verfügbaren Privat-Helikopter für die Berichterstattung gechartert.

Die Wirte zwischen Tossens und Burhave konnten ihre angemeldeten Gäste spätestens am Freitag beruhigen. Eine vorläufige Bilanz der Behörden ergab, daß die Strände makellos geblieben sind. Etwa 5.000 Liter Öl hatten die Ölbekämpfungsschiffe wieder aufgenommen. In einem Abschnitt der Küste bei Langwarden hatten Tidestrom und Wind das Öl jedoch in ökologisch wertvolle Salzwiesen vor den Deichen gedrückt. Doch was die Flut mitgebracht hatte, nahm der Ebbstrom zu einem großen Teil wieder mit nach draußen. Lediglich

kleine Mengen blieben nach den Angaben der Behörden im Vordeichsgelände hängen, das zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehört. Vom Hubschrauber aus beobachteten Mitarbeiter, daß etwa ein Zehntel des noch nicht abgeschöpften Öls in den Prilen des Wattenmeers vor der Butjadinger Küste trieb.

Während die Ölbekämpfungsflotte am Freitag noch in der Wesermündung langen und schmalen Ölfahnen nachstellte, forderte der Gemeindedirektor von Butjadingen, Udo Knauel, Konsequenzen aus der Beinahekatastrophe. Mit besorgtem Blick über den Jadebusen wies er auf das Gefahrenpotential des Ölhafens von Wilhelmshaven hin. Dort werden jährlich mehr als zehn Millionen Tonnen Öl umgeschlagen. Entsprechend müßten in der Region um den Hafen zusätzliche Vorkehrungen für einen Unfall getroffenen werden. An einen möglichen größeren Unfall will Knauel dennoch lieber nicht denken: „Dann müßten wir mindestens eine Saison abschreiben. Wenn nicht zwei.“

Manfred Protze (dpa)