Etappensieg im Tegeler Knast

■ Nach neun Tagen Zugeständnisse der Anstaltsleitung nun auch im Langstrafenhaus / Streik jetzt ausgesetzt?

Nach Angaben der Justizpressestelle soll ab heute im Haus III des Tegeler Männerknastes die gleiche Regelung gelten, wie sie von der Anstaltsleitung für Haus II beschlossen wurde. Der Nachtverschluß fände danach sonn- und feiertags nicht mehr um 16 Uhr30, sondern erst um 22 Uhr statt. Von 18 bis 22 Uhr würde es außerdem an diesen Tagen zusätzlichen Aufschluß geben. Des weiteren könnten sich die Gefangenen samstags, sonn- und feiertags insgesamt vier Stunden umschließen lassen.

Diese Informationen der Pressestelle wollte der Leiter der Abteilung 5 der Senatsverwaltung für Justiz, Christoph Flügge, gestern jedoch nicht bestätigen. Er könne dazu nichts sagen und keine Erkundigungen mehr einholen, denn „seit einer Stunde ist Dienstschluß“. Außerdem würden „tägliche Anfragen den Diskussionsprozeß innerhalb der Anstalt nicht positiv beeinflussen“.

Hintergrund der jetzt beschlossenen Änderungen ist ein Arbeitsstreik von 80 der 220 Gefangenen in den Häusern II und III der Justizvollzugsanstalt Tegel. Während im Haus II die Anstaltsleitung über Forderungen der Gefangenen nach mehr Aufschluß verhandelte und eine vorläufige Einigung erzielte, wurde als Verhandlungsbedingung für Haus III bislang die Neuwahl einer Insassenvertretung verlangt. Die derzeitige Insassenvertretung der sogenannten „Langstrafenhäuser“ sei nicht „demokratisch legitimiert“. Für Haus II wurde eine solche Bedingung als Voraussetzung für Verhandlungen nicht gestellt.

Dem Vorwurf der Ungleichbehandlung begegnete die Justizpressestelle mit der Behauptung, es sei in keinem der Häuser verhandelt worden. „Es wurde geändert, was vorher als sinnvoll erkannt wurde.“ Renate Künast, justizpolitische Sprecherin der AL im Abgeordnetenhaus, erklärte dazu: „Es geht offensichtlich nur darum, nicht zuzugeben, daß man jetzt aufgrund der Aktion der Gefangenen reagiert hat.“

Reaktionen aus Haus III zu den Änderungen lagen bis Redaktionsschluß nicht vor. So ist unklar, ob der Streik beendet wurde. Unbekannt ist weiter, ob auch die Forderung nach der sofortigen Einführung einer zusätzlichen Freistunde werktags von der Anstaltsleitung erfüllt wurde. Über weitergehende Forderungen der Gefangenen aus Tegel wie der Frauen im Knast Plötzensee stehen Verhandlungen noch aus.

Ulf Morling