Öko-Welle schwappt in Kleingärten

■ Gartenzwerge kommen ganz groß raus, auch das Überseemuseum interessiert sich für Kleingärtner

Kleingärtner sollen nicht länger dem Klischee von hinterwäldlerischen Spießbürgern verhaftet sein. Man soll nicht denken, daß sie vor allem die deutschen Tugenden Ruhe, Sauberkeit und Ordnung lieben und glücklich sind, wenn sie den Gestank der großen weiten Welt mit dem würzigen Duft von spiritusgetränkter Grillkohl und angebrannten Rostbratwürsten vertauschen können.

Nach dem Willen ihres Vereins, dem Landesverband der Gartenfreunde, sollen sich gesellschaftliche Entwicklungen auch innerhalb des umfriedeten kleinen Glücks niederschlagen: In seinem diesjährigen Wettbewerb „Natur und Garten“ prämierte der Verband umweltrelevante Maßnahmen.

In der Schwachhauser Kleingartenkolonie „Harmonie“ gaben Kleingärtner bereitwillig Auskunft. Nein, von dem Wettbewerb hätten sie noch nichts gehört, aber sie interessierten sich auch nicht für Vereinsangelegenheiten, hieß es von mehreren Befragten übereinstimmend. Ökologisch wirtschaften? Nein, Unkraut-ex nähmen sie nicht, denn „hier bei uns gibt's sowieso kein Unkraut.“

Frau Mahnke, Biologielehrerin, betreibt ökologischen Kleingartenbau. Sie hat seit Jahren einen Garten mit Hügelbeeten, ungeharkten Wegen und Blumen vor dem Zaun, wo auch Grashalme wachsen dürfen. „Die andern halten einen natürlich für spinnert“, und Streit mit dem Nachbarn habe es auch schon gegeben, sagt sie. Wegen ihrem Hügelbeet - meint der - sei sein Garten immer so naß. Und so kommt es, daß zwischen diesen beiden Grundstücken statt des sonst unvermeidlichen Maschendrahts ein kleiner Entwässerungsgraben verläuft, ganz ökologisch. Woran es jetzt wohl liegt, daß er sein Grundstück immer noch so feucht findet? Frau Mahnke bewirtschaftet auch das Öko -Prestige-Objekt des Vereins, einen „naturnahen Garten“ mit kleinen Teichen, üppigen Stauden, meterhohen Büschen und Bäumen, und einer Totholzhecke, um Nistplätze zu schaffen. „Das finden alle gut“, sagt sie. „Nur wenn es an etwas Mithilfe geht, hat jeder in seinem eigenen Garten zu tun.“

Auch von ganz anderer Seite, dem Überseemuseum, wird der öffentliche Blick auf die Kleingärtner gelenkt. Dort läuft seit Ende 88 ein dreijähriger ökopädagogischer Modellversuch zum Thema „Lernen vom Nahen zum Fernen“ (siehe auch taz vom 13.4.). Neben Schulen werden erstmals Kleingärtner als Zielgruppe angesprochen. Die Leiterin des Projekts, Frau Molkeweh

rum: „Das ist natürlich ein heißes Eisen, weil man damit nur diese Gartenzwergidylle verbindet, aber der Landesverband arbeitet ganz gut mit.“ Die Kleingärtner zu einem Blick über den eigenen Gartenzaun zu bewegen und für die ökologischen Probleme der

dritten Welt zu sensibilisieren, sei das Ziel des Öko -Projekts. Am Sonntag, den 18. Juni, wird die erste Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Gartenfreunde im Überseemuseum eröffnet über Gärten hier und in der dritten Welt. rik