„Für Tierschützer gibt es keine Parteien“

Dr.Grasmüller, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ruft zum Wahlboykott auf  ■ I N T E R V I E W

taz: Der Deutsche Tierschutzbund ruft zum Boykott der Europawahl auf. Warum?

Dr.Andreas Grasmüller: Ich selbst habe als Präsident empfohlen, die Wahl zu boykottieren - und nicht nur die Europawahl, sondern die Wahl allgemein, solange die Politiker nicht entschieden haben, daß das Tier keine tote Sache ist.

Ist das auch die Verbandsmeinung?

Ja, der Gesamtvorstand hat sich meiner Entscheidung angeschlossen.

Wieviele Mitglieder hat der Tierschutzbund?

600.000, aber wir haben mindestens eine Million Sympathisanten in 532 Vereinen.

Und darunter sind keine Parteimitglieder?

Für einen Tierschützer gibt es den Tierschutz und keine Partei.

Und deshalb gehen sie nicht mehr wählen?

Wir haben ja sonst keine Rechte. Wir können nicht auf dem Rechtsweg gegen die tierquälerischen Bestimmungen im Tierschutzgesetz vorgehen, wir können nichts gegen die Käfighaltungsverordnung, gegen die Vermarktung von Tieren in Kisten tun, wir können nichts gegen das Fallenstellen der Jäger machen. Wir haben nur die Möglichkeit, nicht hinzugehen.

Zur Wahl der Grünen, die den Tierschutz propagieren, wollten Sie nicht aufrufen?

Das sind doch auch nur Versprechen vor der Wahl gewesen. Als die Grünen kamen, da hat man gemeint, für die ist Tierschutz das Wichtigste. Aber in den letzten programmatischen Reden kein Wort mehr. Weder von der SPD, noch von der CDU/CSU, noch von der FDP. Im Gegenteil: Herr Bangemann hat auf die Frage, ob er dafür ist, Biotope zur Rettung der Frösche zu schaffen, gesagt, das halte er für sehr sinnvoll, dann könne er weiter Froschschenkel essen.

Wenn ich solche Leute in die EG schicke, dann kommt mir nur das Kotzen.

Ihre ultimative Forderung ist die Aufhebung des Paragraphen 90 im Tierschutzgesetz?

Wir wollen, daß der §90 BGB eine Bestimmung enthält, in der es heißt: „Das Tier ist keine Sache.“

Eine eigene Partei wollen Sie nicht gründen?

Das haben sie mir auch schon angeboten. Ich will das überhaupt nicht, ich hab‘ die Nase voll von der Politik. Aber ich bin überzeugt: Wenn der Tierschutzbund 'ne Partei gründen würde, brächten wir mit Sicherheit Abgeordnete hinein. Aber was sollen wir da drin als siebte Partei.

Interview: Dirk Asendorpf