Drogenhilfe für Berufstätige

■ Neues Drogen-Therapiemodell für berufstätige Junkies in Hohehorst

„Betriebliche Doppelmoral“ konstatierte gestern Martin Grotjahn vom Verein „Drogenhilfe Bremen“: Alkoholkranken wird - zumindest in problembewußten Betrieben - so früh wie möglich und auch schon am Arbeitsplatz zu helfen versucht, etliche Großbetriebe unterhalten inzwischen eine eigene Suchtberatung.Aber heroinabhängige MitarbeiterInnen, wenn ihre illegale Sucht bekannt wird, werden oft sofort als StraftäterInnen abgestempelt und von Kündigung bedroht. Grotjahn: „Die versuchen, sich auf eigene Faust zu helfen und nur an Wochenenden zu fixen - das klappt nie.“ Ende vom Lied ist meistens der Verlust der Arbeit, ein riesiger Schuldenberg durch Kredite und die Perspektive ins Abseits.

Mit einem bundesweit einmaligen, neuen Therapieangebot für berufstätige Süchtige will die Drogenhilfe, Trägerverein der Langzeit-Therapieeinrichtung Hohehorst, Hilfe anbieten. Auf

zwei bis drei Monate stationärer Therapie - in den meisten Fällen bei vorausgegangenem Entzug etwa in der Sebaldsbrücker Klinik - folgen sechs bis sieben Monate, denen die Abhängigen noch in der Schwaneweder Einrichtung wohnen, aber von dort aus in ihrem alten Beruf arbeiten. An Wochenenden soll Betreuung und Familientherapie das drogenfreie Verhalten stabilisieren helfen. Alleinerziehende können ihre Kinder mitbringen und im Hohehorster Kindergarten unterbringen. Zurück zu Hause nimmt die oder der Betroffene an einem ambulanten Nachsorge -Betreuengsprogramm teil, in das auch die lokalen Selbsthilfegruppen einbezogen werden sollen.

„Mit vielen Betrieben kann man offen zusammenarbeiten. In manchen Fällen allerdings müssen die Süchtigen dem Arbeitgeber offiziell angeben, daß sie aus anderen Gründen, etwa einer Tablettensucht, für drei Monate abwesend sind“, erklärte Dro

genhilfe-Mitarbeiter Peter Teichert die absurde Lage. Dabei sind allein 200 MitarbeiterInnen bei Mercedes verdeckt heroinabhängig, schätze dort die betriebseigene Suchthilfe.

Die Landesversicherungsanstalt der Arbeiter (LVA) hat die Kostenübernahme auch für die Nachsorgephase des neuen präventiven Therapiemodells zugesagt, die BfA für Angestellte denkt noch darüber nach.

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) hat als Dachverband bei der 'Aktion Sorgenkind‘ Mittel für Familien -Therapien beantragt. „Wenn wir die kriegen“, so GeschäftsführerAlbrecht Lampe, „wollen wir den familientherapeutischen Ansatz der Drogenhilfe auch fördern.“ Eine erste Wohnung mit 8 bis 9 Plätzen steht bereits zur Verfügung, und vier süchtige berufstätige Männer haben sich - nur auf eine vorläufige Ankündigung der taz hin - schon angemeldet. S.P