Raissa kann nicht in Bremen landen

■ Ausstellung „Gold aus dem Kreml“ ohne die Gorbatschowa / Grüne finden Senats-Freigiebigkeit „märchenhaft“

Der weiße Baldachin ist vor dem Überseemuseum aufgebaut, die Fassade neu gestrichen, das Gold aus dem Kreml ist da, wie die starken Sicherheitsvorkehrungen signalisieren: „80 Exponate, von denen die Mehrzahl den Kreml zum ersten Male verläßt“. Fein golden schimmert das Kreml-Dach auf den Faltblättern, mit denen Bremen für diese Attraktion wirbt. Über 3 Millionen Mark schließlich, fast doppelt soviel wie geplant, läßt sich das Land die mit viel Überstunden und Nachtarbeit vorbereitete Präsentation

zaristischer Schätze kosten - allein: Raissa Gorbatschowa kommt nicht.

Das steht nun fest, nachdem das Überseemuseum für die Eröffnung seiner Sonder-Ausstellung lange fest damit gerechnet hatte. Die kunstfördernde Glasnost-Gattin wäre gern gekommen, heißt es, denn der Übersee-Museums-Chef Ganselmayr hat unter den sowjetischen Museums-Experten einen guten Namen, und Bremen hatte vor Hamburg den Zuschlag für die Ausstellung bekommen.

Raissas Stab mußte für sie aber dennoch schließlich absagen: Der Grund ist nicht Verstimmung, nicht terminliche Unpäßlichkeiten oder andere staatsmännische Wichtigkeiten, nicht plötzliche Besinnung auf revolutionäre Brüche in der russischen Geschichte - nein, der Grund ist technischer Art: Die Landebahn des Bremer Flughafen ist zu kurz für die Iljuschin Nr.1 des sowjetischen Staatspräsidenten. Und Gorbatschow reist nun einmal nicht per Helicopter, das wurde schon dem Bonner Protokoll zum

Problem - er soll Angst haben. Für Raissa gilt das Gleiche. Andere, insbesondere West-Flugzeuge darf sie aus Sicherheitsgründen nicht besteigen, für eine Autofahrt ist die Zeit zu kostbar, will sagen: zu knapp. Und so muß die Eröffnung am Mittwoch um 11 Uhr mit einem der drei stellvertretenden Kulturminister, Kasenin, auskommen.

Das Museum gibt sich noch gelassen. Man rechne nicht mit finanziellen Einbußen durch die Absage des medienträchtigen Eröffnungs-Gastes, heißt es. Der Besuch wäre „lediglich eine Ehre“ gewesen. Aber bei einem Eintrittspreis von zehn Mark (ermäßigt 5.-) müssen mehr als

300.000 Menschen an der Kasse dieser Ausstellung vorbei, um die Kosten einzutreiben. Neben den Sponsoren-Beträgen ist das Projekt allerdings vollständig durch den Bremer Senat abgesichert. Der hat im Parlamentsausschuß gerade noch einen kräftigen Nachschlag genehmigen lassen.

Dies ruft den Kommentar der grünen Sprecherin für Kultur, Helga Trüpel, hervor: „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.“ Die Grüne findet: „Mit Blick auf die ansonsten mehr als restriktive finanzielle Unterstützung der Kultur durch den Senat mutet die plötzliche Freigiebigkeit geradezu märchenhaft an.“

K.W.