Mit Asbest gegen die DVU

■ Rechtsradikale Stadthallen-Kundgebung entfällt / Samstag Versammlung auf dem Bremer Marktplatz?

Wo Gerhard Fey am kommenden Samstag zu seinen rechtsradikalen Anhängern sprechen wollte, da erstreckt sich seit einigen Tagen eine Baustelle, die man nur mit Gasmaske betreten darf. Rechtzeitig zu der geplanten Europa -Kundgebung der DVU hat das Hochbauamt Asbest in den Rolltoren mehrerer Hallen entdeckt. Und als Handwerker am vergangenen Freitag begannen, das krebserzeugende Material herauszureißen, da ordnete das Bauordnungsamt an, daß bis zum Ende der Bauarbeiten aus gesundheitlichen Gründen keine Veranstaltungen in den Hallen stattfinden dürfen. Wie lange die Arbeiten dauern werden? Zwei bis drei Wochen, erklärte Rechtsanwalt Jens Dieter Stankewitz im Auftrag der Stadthallen GmbH gestern vor dem Landgericht.

Das Gericht hatte zu entscheiden, ob die Stadthalle zu Recht aus jenem Mietvertrag ausgestiegen ist, den sie im Mai mit der DVU geschlossen hat. Neben dem Asbest-Argument hatte Stankewitz noch ein politisches bei der Hand: Es seien Ausschreitungen zu befürchten, die das Ansehen der Stadt schädigen. Um das glaubhaft zu machen, legte er eine eidesstattliche Versicherung vom Stadthallenchef Heinz Seesing auf den Tisch. Er sei von einem anonymen Anrufer mit dem Tode bedroht worden, bekundete See

sing. Sinngemäß habe der Anrufer gesagt: „Wenn du die Veranstaltung machst, dann findest du dich mit eingeschlagenem Schädel in den Anlagen wieder.“

Aber all das gab nicht den Ausschlag. Den Ausschlag gab ein Formfehler im Mietvertrag: Nur einer der acht Vorstandsmitglieder der DVU hatte unterzeichnet, und es war für das Gericht nicht ersichtlich, daß dieser von seinen Vorstandskollegen dazu bevollmächtigt worden war. Rechtsanwalt Meyer-Blanken, der die DVU gestern vertrat, bemühte sich nicht, diese Vollmacht während der Verhandlung nachzureichen, was sicher per Telekopierer möglich gewesen wäre. Überhaupt zeigte der Bremer Jurist wenig Kampfgeist für seine neofaschistischen Auftraggeber, obwohl der vorsitzende Richter Walter Ellwanger ihn mehrfach zu Stellungnahmen anspornte. „Was soll ich dazu sagen?“, war wiederholt seine Gegenfrage.

Wegen dieses Formfehlers wird das Landgericht den Ausstieg der Stadthalle aus dem Vertrag mit den Rechtsradikalen absegnen. Aller Veraussicht nach, denn das Urteil wird erst am Donnerstag verkündet. Ihre Absicht ließen die Richter aber schon gestern durchblicken. Theoretisch hat die DVU am Donnerstag noch die Möglichkeit, die Entscheidung in der nächst höheren In

stanz, vom Oberlandesgericht, überprüfen zu lassen. Aber: Bis von diesem Gericht eine Entscheidung zu erwarten ist, dürfte der 17. Juni, der Kundgebungstag, schon vorbei sein.

Also bleibt der DVU nur die Hoffnung auf eine Kundgebung unter freiem Himmel. Die hat sie schon vor Wochen vorsorglich beantragt, „auf dem Marktplatz oder einem anderen innerstädti

schen Platz“. Um ihr diese Tour zu vermasseln, haben auch antifaschistische Initiativen und die Gewerkschaften zahlreiche Protestkundgebungen angemeldet. Dennoch war gestern unter der Hand zu hören, daß das Stadt-und Polizeiamt den Rechtsradikalen ihre Kundgebung nicht verbieten wird. „Es geht nur noch um das Wo und Wie“, sagte ein Informant. Bei der Innenbehörde

hüllte man sich dagegen in Schweigen. Eine Entscheidung, für die Innensenator Peter Sakuth die Verantwortung trägt, werde erst fallen, wenn das Landgericht am Donnerstag seine Entscheidung offiziell verkündet hat.

Für ihre Bremer Kundgebung haben die Rechtsradikalen bundesweit mobilisiert, dennoch rechnen sie mit nicht mehr als 1.000 Teilnehmern.

mw