„Ohne die Gebäude hätten wir nicht überlebt“

■ Vom Ort der Emanzipation zum letzten „Sammellager“ / 75 Jahre Jüdisches Krankenhaus im Berliner Wedding / Eine Ausstellung und ein Buch rekonstruieren zum ersten Mal Glanz und Untergang einer Institution der Jüdischen Gemeinde

Klaus Hartung

Feierliche Eröffnung der Ausstellung zum 75jährigen Bestehen des Jüdischen Krankenhauses. Als der Festakt beendet war, verblieb die Prominenz noch beim kalten Büffet: Der Regierende Bürgermeister Momper, Heinz Galinski, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die Staatssekretäre, die Klinikärzte. Unten jedoch, bei der Ausstellung in der Eingangshalle der Jüdischen Gemeinde, fand sich eine geradezu aufgekratzte Gruppe. Die Leute tippten wechselseitig auf die vielen Gruppenfotos an den Stellwänden. Namen flogen hin und her. „Der hat auch überlebt und heiratete die Schwester von der Inneren. Wir trafen ihn in Baltimore.“ „Das ist ja die Schwester Ella. Sie ließ sich heimlich Schweinekoteletts aufs Zimmer bringen.“ Eine ältere Frau zeigte auf das Faksimile des „Sterbebuchs“. (Es ist nur noch für die Jahre nach 1941 erhalten.) „Hier ist ja der Name meines Vaters. Er starb noch einen richtigen Tod“. Natürlich, zum Jubiläum einer Jüdischen Institution werden Überlebende, werden Emigranten geladen. Natürlich reden die Überlebenden von den Überlebenden. Aber ein „richtiger Tod“? Es ist der Tod ohne „Transport“, ein Tod mit Begräbnis. Spätestens mit einem solchen Wort fällt der Schleier über den unsichtbaren Graben zwischen den Teilnehmern am Festakt.

Zwei Tage später. Dieselbe Gruppe, etwa 40 Personen, Frauen zumeist, ehemalige Schwestern, darunter drei ehemalige Ärzte - der Älteste, Dr. Nemrov ist 90 Jahre alt - ist zum Rundgang durch das heutige Krankenhaus eingeladen. Frau Lefkowitz, einst Schwester in der vergitterten „Polizeistation“ (Ende 42, mit dem Beginn der Deportationen kamen dorthin die „geretteten“ Selbstmordfälle) erwähnte beiläufig: „Wenn der, na wie hieß er noch gleich, den sie in Israel gehenkt haben, wenn der Eichmann kam, hab ich mich immer auf der Toilette versteckt. Zehn Meter im Umkreis durfte da kein Jude auftauchen. Er hat hier auf dem Klinikgelände eine Frau erschossen, die ihm zu nahe kam.“ Am Ende des Rundgangs die gemeinsame Kaffeetafel. Keine „Senioren“ sitzen da zusammen. Hinfällige aber wache und energievolle Menschen sind es, die etwas wollen, voneinander und auch sonst. Ich will mehr erfahren, spiele auf die Szene mit Eichmann an und sage: „Wenn ich mir vorstelle...“ Ein Quartett unterbricht mich vehement und keinen Widerspruch duldend in der Tischrunde. „Das kann man sich nicht vorstellen.“ Frau Safirsteins Erinnerung, ein Beispiel: „Als der Kindertransport nach Auschwitz gehen sollte, haben wir noch für jedes Kind ein Säckchen genäht, mit ein paar Sachen darin und etwas zu essen. Und dann haben sie die Kinder auf die Waggons geworfen, daß manche schon tot waren.“ Nein, die Vorstellungsversuche der Nachgeborenen wollen sie nicht zulassen, selbst um den Preis, von Erinnerungen zu reden, über die sie schweigen wollten.

Walter Momper sprach von der „Solidarität der Todgeweihten“, als er die letzten Jahre des Jüdischen Krankenhauses bis 1945 streifte. Die Wirklichkeit jener Jahre denunziert diesen Begriff als Sonntagsphrase. Heinz Galinski setzte andere Akzente, zitierte in einer großen Rede die 2.000jährige Tradition jüdischer Krankenpflege, zitierte den Arzt und Philosophen Maimonides und sprach von der Hoffnung auf „Wiederbelebung“ der Tradition des Krankenhauses. „Wiederbelebung“, nicht „Wiederanknüpfen“. In der Ausstellung, anschließend, folgendes lebende Bild: links und rechts von der Büste des Gründervaters James Adolf Isreal lächelten Uri Schachtel, gegenwärtig amtierender Chefarzt des Krankenhauses, und Peter Bloch, Enkel Israels. Etwas Gezwungenes lag über dieser Szenerie. Aber warum? Dementieren die Jahre 1933 bis 1945 Leistungen, Erfolge, Fortschritte der vorhergehenden Jahre? Unrecht ist es, die Rampe von Auschwitz nicht zu sehen; Unrecht ist es auch, alles auf die Rampe von Auschwitz zulaufen zu sehen. Das Düstere an dieser Krankenhausgeschichte ist eben, daß die beiden Betrachtungsweisen sich auszuschließen scheinen. Dennoch, die glanzvolle Tradition gibt es, und es ist das Verdienst der Ausstellung „Zerstörte Fortschritte“ und des gleichnamigen Buches, diese Tradition aus ihrer Versiegelung in der Medizingeschichte befreit zu haben.

Namen, Stichworte. James Isreal, von 1848-1923, 1881 schon Chef, dh. „dirigierender Chirurg“ im alten Jüdischen Krankenhaus in der Auguststraße, Nierenspezialist von Weltrang, Herausgeber der 'Folia urologica‘, Erforscher der Pilzerkrankungen, von gleicher Bedeutungen wie die Entdeckungen Robert Kochs, Patriarch, national gesinnt, weltlich orientiert. Aber wegen eines Professorentitels ließ er sich doch nicht taufen. Im Weltkrieg organisierte und leitete er den Lazarettzug „Viktoria Luise“. Die Fortsetzung der Galerie: Prof Karewski, Prof. Rosenstein und vor allem Prof. Hermann Strauß, unnahbarer, bewunderter Chef bis 1938. Sein wissenschaftlicher Ruf war so groß, daß er noch nach seiner Deportation nach Theresienstadt eine wissenschaftliche Korrespondenz mit Berlin führen konnte. Letzter der Galerie der „Chefs“ wäre Dr. Lustig. Aber von ihm ließ sich - nicht ohne Grund - kein Bild auftreiben.

Stichworte zur Tradition: Der Neubau, 1914 eingeweiht, ein 200-Betten-Projekt, überstieg fast die finanziellen Möglichkeiten der Jüdischen Gemeinde. Ohne das jüdische Stifterwesen wäre er kaum denkbar. Daß das neue Krankenhaus im Berliner Norden, im Wedding, also außerhalb des spezifischen Lebenskreises der Berliner Juden, angesiedelt wurde, spricht für das soziale Engagement. Der Anspruch auf Fortschritt und Emanzipation wurde gleichermaßen erhoben. Die „kleine Chariti“ besaß den modernsten Operationssaal der damaligen Zeit und eine vorbildlich funktionelle Architektur, die erst durch die Renovierung der 70er Jahre begraben wurde. Chirurgen, Gynäkologen und jüdische Krankenschwestern sollten ausgebildet werden, deswegen eine geburtshilfliche Station und ein Schwesternheim. Alle drei beruflichen Laufbahnen waren im Kaiserreich den Juden verschlossen geblieben. Bis 1933 war das Jüdische Krankenhaus beliebt im Stadtteil (Schwester Gunz: „Die Patienten hießen auf der einen Seite Moses, Moses, Abraham, auf der anderen Seite Strupke und Zupke und so was“), hatte einen guten Ruf. Das Essen war koscher. Die letzten nicht -jüdischen Patienten verließen 1938 das Krankenhaus, nur auf Grund staatlichen Drucks und staatlicher Verordnungen. Warum, so fragt man sich, blieb diese Geschichte bis zum Jubiläum in den Annalen der Medizin versenkt, wo doch längst die Berliner Krankenhäuser ihre Vorkriegstradition beschwören?

Die vierzig Wiedergekehrten hatten an jenem Besuchstag jedenfalls kaum ein Interesse an der „Wiederbelebung“ der Tradition. Auch das Angebot des heutigen Krankenhauses Besuch des Schwimmbades, der Stationen - stieß bestenfalls auf höfliche Aufmerksamkeit. „Aufs Dach“ wollten sie hingegen. 80jährige, schwer gebeugt, gehbehindert, mühten sich die Stufen hoch: „das Dach“, das war der Ort, wo sich Verliebte trafen, wo es eine Idee von Freisein gab, wo die Bombenangriffe beobachtet wurden. Die zeigenden, erklärenden, identifizierenden Finger überkreuzten sich. „Die Innere“, der „Schwesterntrakt“ nach 1943, „die Polizeistation“. Bei der Identifizierung der Gebäude war mehr Nicht-Wiedererkennen als Wiedererkennen. Schon am Eingang die Frage: „Hier war doch die Pathologie?“ Die Pathologie? Seit 1944 war die Gestapo in dem Gebäude; es war auch das letzte „Sammellager“ der schon fast ausgelöschten Jüdischen Gemeinde. Aber noch 16 „Ostransporte“ nach Auschwitz und Ravensbrück „gingen ab“ von hier. Jetzt starrten die Besucher auf einen Parkplatz.

Natürlich war dieser Besuch nicht mit der Besichtigung eines ehemaligen Arbeitsplatzes vergleichbar. Es war der Ort der täglichen Anspannung und Wachsamkeit im Überlebenskampf, Ort tödlicher Drohungen, Arbeit am Rande der „Pathologie“. Krankenhausabteilungen waren Zuflucht oder Stationen des Untergangs. Ein zusammenhängendes Bild der letzten Jahre ergab sich nicht, auch nicht aus den Interviews, die zum Teil im zitierten Buch abgedruckt sind. Frau Safirstein: „Wir lebten von Augenblick zu Augenblick.“ Das Überleben kämpft nicht um die endgültige Befreiung, sondern um die nächste Stunde. Aber auch über das Bild des Krankenhauses selbst gab es keine Gemeinsamkeiten. Die vier überlebenden Kinder, jetzt 50jährige Frauen - als überlebende Kinder von der ganzen Gruppe offensichtlich geliebt - versuchten ihre Spielstätten wiederzuentdecken. Hermann Friede wurde als Illegaler in die Pathologie gebracht, konnte 1945 fliehen. Sein Bild: „Es waren so große Säle, da gab es keine Betten, nichts, und dort haben die Leute auf den Transport gewartet.“ Herr Hilton war als Waisenkind in der „Kinderunterkunft“, Ort für „herkunftsmäßig“ ungeklärte Fälle von Kindern. Gemeinsamer Tenor der differierenden Erinnerungen. „Wir kümmerten uns nur um unseren Bereich, nur ihn sahen wir.“ Der eigene Arbeitsbereich allein, absolut gesetzt, brachte den Rest von Sinn. Der Blick darüber hinaus zeigte nur den Zusammenhang von Vernichtung ohne Ausweg. Doch etwas war gemeinsam: die Gruppe verharrte vor dem Verwaltungsgebäude; fast alle erzählten, wie nach einem Bombenangriff die brennende Uhr heruntergeholt und eine Eimerkette organisiert wurde. Die kollektive Erinnerung an den Bombenkrieg? Nicht ganz! Frau Lefkowitz: „Wir konnten ja nicht die Feuerwehr holen. Sie durfte ja bei uns nicht kommen. Aber ohne die Gebäude hätten wir ja nicht überlebt.“ Die Gebäude selbst waren die letzte dünne Wand gegenüber der Vernichtungsbürokratie.

Chronologie: 1933 endet die Geschichte des Jüdischen Krankenhauses. Das Krankenhaus wird Zuflucht, „Oase“, wird zur „Vorhölle“, zum Ort der Verfolgung, wird zum letzten „Ghetto“ der Berliner Juden, das dann von der Roten Armee befreit wird. Von 1933 bis 1938, vom „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ bis zum Approbationsentzug für jüdische Ärzte blüht es paradoxerweise auf, weil die berühmten Kapazitäten anderer Kliniken vorübergehend eine Arbeitsmöglichkeit finden. Schwanken zwischen Emigration und Bleiben, auch in den Empfehlungen der Jüdischen Gemeinde. 1938, die Progromnacht, die Opfer, vor allem auch aus der Provinz, wo schon die jüdischen Krankenhäuser aufgelöst waren. Die Entlassung von Juden aus KZs wird erlaubt. Die Säle füllen sich mit Menschen, die unter unvorstellbaren Wunden, unter Phlegmonen und Gangränen leiden. Skepsis beherrscht ganze Abteilungen, wie in einem Kriegslazarett im 19. Jahrhundert. Es hat das Kesseltreiben durch die „Judenverordnungen“ begonnen. Die Juden werden systematisch aus der Zivilisation vertrieben, ihr ziviler Besitz wird arisiert, vom Staat, von den Nachbarn.

Oktober 1942 beginnt das düsterste Kapitel. Es ist der Beginn der Deportationen. Die Jüdische Gemeinde wird zur Mitarbeit erpreßt. Das Krankenhaus gerät in den Funktionszusammenhang der Todesbürokratie. Ein Name, eine Institution stellvertretend genannt: Dr. Walter Lustig und die „Transportreklamationsstelle“. Porträtfotos ließen sich nicht auftreiben. Nur die allgemeinsten Beschreibungen, glatzköpfig, Oberlippenbart. Als anpassungsfähig, gehemmt, ehrgeizig, unzugänglich wird er geschildert, mit „vielleicht zu guten Beziehungen zur Gestapo“. Seit 1942 war er Direktor des Krankenhauses. Nachdem die „Reichsvereinigung der Deutschen Juden“ aufgelöst und ihr Besitz enteignet worden war, wurde er von der Gestapo zum Vorsitzenden der „Neuen Reichsvereinigung“ gemacht. Daß er viele seiner Mitarbeiter gerettet hat, zum Teil noch aus dem Sammellager kurz vor der Deportation zurückholen konnte, steht außer Frage. Auch die Gruppe jener 40 Überlebenden war in ihrem Urteil durchaus gespalten. Einige erklärten summarisch, „wir alle verdanken ihm unser Überleben“. Die anderen lehnten das kategorisch ab. Auf jeden Fall verantwortet Lustig eine Institution, die zur Zwischenstation auf dem Weg nach Auschwitz wurde, durch die jüdische Psychiatrie-Insassen mit ausländischem Paß, Insassen von Siechenheimen und Waisenhäusern hindurchgingen. Von Lustig hingen alle ab, unklar blieb, in welcher Weise. Nach dem Krieg wurde nur bekannt, er sei von der sowjetischen Verwaltung zum Tode verurteilt und wegen Kollaboration hingerichtet worden.

Ein gerechtes Urteil über diese Gestalt ist Nachgeborenen kaum möglich; die Fakten reichen nicht aus und die moralischen Grundlagen des Urteils stehen in Frage. Schließlich sind bis zu diesem Zeitpunkt die Menschen nicht aufgewachsen in der Auseinandersetzung mit der Erfahrung von Massenvernichtung. Die Arbeit in der sogenannten „Transportreklamationsstelle“, die er seit Dezember 1942 leitete, erlaubt aber einen Blick auf seine geschichtliche Gestalt. Diese Krankenhausabteilung überprüfte die Transportfähigkeit derjenigen, die den länglichen Brief mit der Aufforderung zur Deportation erhalten hatten. Hochschwangere Frauen waren transportunfähig. War der Säugling sechs Wochen alt, wurden Mutter und Kind deportiert. Die Ärzte diagnostizierten, versuchten den Aufenthalt durch Untersuchungen zu verlängern. Es wurde geheilt, um zu verzögern. Dr. Lustig galt als korrekt, als bester Sachwalter der „Zu Evakuierenden“. Ärzte diktierten flüsternd ihre Untersuchungsberichte für die Gestapo, um die Opfer nicht zu ängstigen. Die Opfer umflehten die Mitarbeiter. Die Verschmelzung von Heilen und Vernichten; Heilen für den Tod. Aber auch: Zeitgewinn für die einzelnen, der anders nicht zu bekommen war. Diese Abteilung war die Vollendung deutscher Vernichtungsbürokratie, die es verstand, Täter und Opfer zu Komplizen zu machen.

Von der heutigen Krankenhausleitung hörte man nach den Jubiläumsveranstaltungen, vor allem bezüglich der Ausstellung und der Buchveröffentlichung deutliche Töne der Distanzierung und der Unzufriedenheit. Die Nachkriegszeit des Jüdischen Krankenhauses - in der Tat die längste Periode der 75jährigen Geschichte - sei nicht recht gewürdigt worden. Immerhin habe sich das Krankenhaus in der Alkoholiker- und Drogentherapie profiliert. Mag der Vorwurf im Faktischen seine Berechtigung haben, so wird doch der historische Blick, der nach Wahrheit sucht, eher von der verdrängten Geschichte als von der lobenswerten Tätigkeit eines städtischen Krankenhauses angezogen.

Tatsächlich liegt etwas Sprachloses über der Nachkriegsgeschichte, ein stummer Verzicht auf die Tradition und auf deren düsterer Pervertierung. Nicht zufällig war es weder eine Fachhistorikerin noch eine Angehörige des Jüdischen Krankenhauses selbst, sondern eine forschende Außenseiterin, die sich der Geschichte dieser Institution annahm. Frau Hartung von Doetinchem hat mit Energie, über lange Zeit ganz auf sich gestellt, die Überlebenden aufgesucht und die Geschichte rekonstruiert. Unübersehbar ist, daß nach 1945 die Tradition des Krankenhauses weder fortgesetzt noch gewünscht wurde. Die Überlebenden arbeiteten zwar noch weiter, vollendeten ihre Ausbildung, verließen bei Beginn des Wiederaufbaus aber dieses Land, „aus persönlichen Gründen“, denn gehen mußten sie nicht mehr. Die Gemeinde sah im Verkauf 1962 die „zweckmäßigste Lösung.“ Der Berliner Senat zögerte, weil er wegen der „traditionellen Vergangenheit“, wie es formuliert wurde, unangenehme Resonanz im Ausland befürchtete. Deswegen wurde 1963 das Jüdische Krankenhaus zu einer städtischen Einrichtung, allerdings in Form einer Stiftung. Die Renovierung und Modernisierung räumte die Realien der Tradition ab. Die Büste Israels, um die sich vor zehn Tagen Peter Bloch und Uri Schachtel traditionsbeschwörend gruppierten, landete auf dem Bauschutt. (Ein Arzt rettete sie.) Der 50.Jahrestag war nur einen Artikel in der 'Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung‘ wert. Die „Pathologie“ wurde 1983 abgerissen, obwohl der Bund der Verfolgten des Naziregimes eine Eingabe machte, diesen Ort als Gedenkstätte zu bewahren.

„Wiederbelebung“ der Tradition? Wenn es einen Weg dahin gibt, dann ist er am ehesten von jenen 40 Überlebenden beschritten worden. Sie waren nicht als „Zeitzeugen“ - ein freundliches Wort für Ohnmacht - erschienen. Sie waren mit einer Forderung gekommen. Beim Besuch des Krankenhauses trugen sie eine Resolution vor: die ehemalige Sysnagoge, jetzt Ort für Rehabilitationseinrichtungen eines Altersheimes in Verwaltung der Jüdischen Gemeinde, solle zur Gedenkstätte und zum dauernden Ort für die Ausstellung umgestaltet werden. Dieselbe Forderung wiederholten sie noch einmal bei einem Essen mit der Gesundheitssenatorin Stahmer. Sie forderten Gedenken nicht nur für die Toten, sondern „auch für die Überlebenden“.

Die Ausstellung „Zerstörte Fortschritte“ ist bis zum 2.Juli in der Eingangshalle der Jüdischen Gemeinde zu besichtigen. Das Buch Zerstörte Fortschritte. Das Jüdische Krankenhaus in Berlin. 1756-1861-1914-1989, herausgegeben von Dagmar Hartung von Doetinchem und Rolf Winau, Berlin, 1989, Edition Hentrich, ist im Handel.