„Lobe Gott, aber vergiß den Teufel nicht“

■ Heute wird die Sonderausstellung „Gold aus dem Kreml“ im Überseemuseum eröffnet / Herrschaftliche Kunst zwischen Gold und Geld

Da ist es nun da, das „Gold aus dem Kreml“, hinter den dicken Glasvitrinen mit Alarmsicherung und Video-Überwachung in der abgedunkelten 2. Etage des Überseemuseums: Hier die

Brosche rein

16. Jahrhundert: Ikone mit goldenem Oklad. Breite: 15,5 Zentimeter

„Die prächtigste und schönste Ausstellung, die im Überseemuseum gezeigt wurde“, findet die stellvertretende Leiterin Kuster-Wendenburg. Ein „Zeugnis der russischen Geschichte“, findet die zur Eröffnung angereiste Direktorin der staatlichen Museen des Moskauer Kreml.

Bremen zeigt mit dieser Ausstellung, daß es „wieder Zutrauen zu sich gefunden“ hat, steuerte der Staatsrat Andreas Fuchs für die Landesregierung bei, mit den drei Monaten Vorbereitung ein

„Zeitwunder“, sagt die Firma Heckmann, die die Organisation übernommen hatte: „Sogar der Katalog ist schon fertig.“

Zu Gorbatschowas Visite sollte die Ausstellung eröffnet werden, das war der sowjetische Wunsch, und die Bremer haben keine Kostensteigerung gescheut, ihn zu erfüllen. Die Sowjetische Museums-Direktorin meinte auf die zahlreichen Journalisten-Nachfragen zu den Kosten: „Kultur kann man unmöglich in Geld berechnen.“ Und der Staatsrat gab über die „Kulturstadt Bremen“ bescheiden zum besten: „Im Wettstreit der Großstädte, die sich mit prestigefördernden Einzelleistungen gegenseitig auszustechen versuchen, will Bremen nicht mithalten. Anstelle sporadischer Highlights von internationalem Zuschnitt bietet Bremen seinen Bürgern Kontinuität...“

Hier die Schale

rein

17. Jahrhundert: Silberschale. Durchmesser: 24 Zentimeter

Kostbarkeiten aus 5 Jahrhunderten zeigen nun bis zum 13. August den BesucherInnen, die unter Einsatz von Bundesbahn -Sonderzügen nach Bremen gezogen werden sollen, was den Russen ihr „Cäsar“ wert war und was die Herrschaftshäuser für ihren Pomp dem Land abverlangten.

Im gedämpften Licht stehen die Vitrinen im Obergeschoß des Museums. In ihnen strahlen Gold und Edelsteine, leuchten Kronen, ein Posoch (Stab weltlicher und kirchlicher Macht), Panagien (Medaillons), goldene Bestecke, Teller, Becher, eine Goldkrone mit Heiligenschein. Zu den Insignien kirchlicher Macht gehören auch ein Altarkreuz von 1677, ein Novgorod-Evangeliar sowie ein Ikonen-Triptychon sowie eine Ikone mit dem Heiligen Nikolaus aus dem 16. Jahrhundert. Auch eine vergoldete aus Silber getriebene Kanne, die um 400 in Konstantinopel entstanden ist, entzückt. Ein Goldarmband vom Schwarzen Meer stammt aus dem vierten bis fünften Jahrhundert. Es gibt Kelche, Weihwasserbecken und Tabakdosen.

Die frühen Exponate aus der Zeit um 1400 stammen, wie der ausführliche Katalog erläutert, aus der Moskauer Goldschmiede und einer Zeit, als Moskau seine politische Vormachtstellung ausbaute. Sie sind in der Geschichte Rußlands „mit dem schließlichen

Heranreifen eines russischen Volkstums“ verbunden und der „Bildung einer alleinigen Herrschaft, nachdem 1480 das mongolisch-taurische Joch abgeworfen und der Anspruch erhoben wurde, miot den größten Mächten der Zeit gleichgestellt zu sein“, erläutert die Einführung. Das späteste Werk in der Sammlung der 80 Exponate ist eine mit einer Spieluhr ausgestattetes Osterei

(1904), mit dem im Jugendstil die „Architektur und Kunst des ehrwürdigen Kreml idealisiert“ werden sollte.

„Das Erbe Rußlands darf nicht vergessen lassen, wieviele Menschen der Not ausgesetzt waren“, sagt in der Multi-Video -Information eine vertrauensvolle Stimmen aus dem Hintergrund. Und erzählt über die „russische Seele“, die sich in „leichter Fröh

lichkeit“ ergeht und die „kurzen Sommer“ in Moskau, die „Hochzeit der Liebenden“ seien. Noch was Charkteristisches über das weite Rußland? Bitte, ein typisch russisches Sprichwort: „Lobe Gott und vergiß den Teufel nicht.“ Für die Bremen-Werbung ist das Gold aus dem Kreml offensichtlich mindestens so wichtig wie ein KO-Erfolg von Otto Wanz.

K.W.