Irans Großayatollahs setzen Zeichen

Berlin (taz) - Sechs iranische Großayatollahs haben am Dienstag ihren Kollegen Mohammed Ali Araki zum neuen „geistlichen Führer“ gewählt und dem im Jahre 1896 geborenen religiösen Würdenträger den Titel eines marja al taqlid verliehen. Araki erklärte nach seiner Wahl, die Fatwas des verstorbenen Ayatollah Chomeini hätten weiterhin Gültigkeit. Zu den religiösen Dekreten seines Nachfolgers Chamenei äußerte er sich nicht.

Mit dieser Wahl demonstrieren die Großayatollahs, daß sie sich künftig wieder zur höchsten religiösen Instanz des Landes berufen fühlen. Viele von ihnen hatten sich nie mit dem in der nachrevolutionären Verfassung festgeschriebenen Prinzip der velayate fagih, der auf Chomeini zugeschnittenen höchsten religiösen und politischen Autorität, abgefunden. Sie waren an den Rand des Geschehens gedrängt oder gar ihrer Titel enthoben worden. Die Wahl Arakis zum geistigen Führer wird daher die Stellung Chameneis schwächen, eine Entwicklung, die dem Parlamentspräsidenten Ali Akbar Haschemi Rafsandschani nur Recht sein kann. Hinter Chamenei dürften sich künftig die regimetreuen Geistlichen sammeln, die politisch unterschiedliche Positionen vertreten. Diejenigen, die eine Trennung von Politik und Religion befürworten, werden demgegenüber Araki zu ihrem Leitbild wählen.

bs