Happy-End für Mauerspringer

■ Die Freundin des Mauerkletterers Dirk Sandrock durfte am Wochenende aus der DDR ausreisen / Der 26jährige Sandrock war Mitte Mai am Potsdamer Platz über den „Schutzwall“ gestiegen, um gegen die Trennung von seiner Freundin zu protestieren

Der Ex-DDRler Dirk Sandrock, bekannt geworden durch seine spektakuläre Mauerkletterei in den Ostteil der Stadt, kann Freundin und Sohn aus Magdeburg seit Montag auf westlichem Territorium wiedersehen. Der 26jährige war Mitte Mai auf der Höhe der Rollheimersiedlung am Potsdamer Platz über die Mauer geklettert, um auf die von den DDR-Behörden blockierte Familienzusammenführung aufmerksam zu machen. Nachdem Sandrock in der DDR eine 15monatige Haftstrafe wegen des Besuchs der Bonner Ständigen Vertretung in Ost-Berlin abgesessen hatte, war ihm bei seiner Entlassung in den Westen vor zwei Jahren die Ausreise seiner Freundin Kerstin und des fünfjährigen Sohns Sebastian in Aussicht gestellt worden.

Zweimal hatte Kerstin daraufhin für sich und ihren Sohn die Ausbürgerung beantragt. Erfolglos. Sogar ein Treffen mit Sandrock im sozialistischen Ausland war nach der zweiten Ablehnung nicht mehr möglich gewesen, da der Magdeburgerin kein Visum dafür erteilt wurde. Dirk Sandrock, der zur Zeit in der Rollheimersiedlung am Potsdamer Platz lebt, befürchtete, daß durch die bedrohliche Situation seiner Freundin der gemeinsame Sohn Sebastian von den DDR-Behörden in ein Heim gesteckt werden würde.

Nach seinem „Schutzwall„-Transfer am 13. Mai hatten ihn die DDR-Grenzer gleich hinter der Mauer festgenommen. Nach rund einmonatiger Haft entließen ihn die Ost-Behörden vor einer Woche in den Westteil der Stadt. Verzweifelt über die Tatsache, daß seine Aktion überhaupt keine Wirkung gezeigt hatte, waren von Sandrock daraufhin weitere Aktionen angekündigt worden.

Die kann er sich jetzt sparen. Ob aus Anlaß des Zusammentreffens von DDR-Chef Erich Honecker mit dem Regierenden Bürgermeister Momper, der wegen der Familienzusammenführung vorstellig werden wollte, oder aus Einsicht der DDR-Behörden: Am Sonntag bekam Kerstin die Aufforderung, die DDR samt Kind innerhalb von 24 Stunden zu verlassen, wenig später traf sie in Gießen ein.

Dirk Sandrock allerdings muß sich mit dem Wiedersehen noch ein wenig gedulden. Kerstin und Sebastian bleiben der Formalitäten wegen noch ein paar Tage in der hessischen Stadt. Da dem Freund und Vater die Fahrt über die Transitautobahn von den DDR-Behörden verwehrt wird, müßte Sandrock den Flieger nehmen. Dazu fehlt ihm jedoch das nötige Kleingeld.

Christine Berger