: U-Boot-Ausschuß bald wieder flott?
Auf dem Anti-Apartheid-Kongreß in Kiel kündigt Norbert Gansel eine Verfassungsgerichtsklage zur Sicherung der Ausschußrechte an / ANC-Vertreter wirft Bundesregierung Kollaboration mit dem Apartheidregime vor ■ Aus Kiel Sonja Schinde
Noch in dieser Woche will die SPD-Bundestagsfraktion den verfassungsmäßigen Status des U-Boot -Untersuchungsausschusses und seiner Befugnisse gegen den Bundestag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einklagen. „Der Untersuchungsausschuß darf nicht länger in seiner Arbeit behindert werden“, forderte der SPD -Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel auf einem Anti -Apartheid-Kongreß am vergangenen Samstag in Kiel.
Im Verhalten der Bundesregierung in Sachen U-Boot-Affäre sieht SPD-Abgeordneter Gansel „Ähnlichkeit mit den Methoden der Mafia“. Drei Jahre nach Bekanntwerden des U-Boot-Deals versuche die CDU/FDP-Mehrheit im Untersuchungsausschuß, jede vernünftige Arbeit zu blockieren. CDU und FDP berufen sich dabei auf das Urteil des Amtsgerichts vom September 1988, nach dem die Forderungen von SPD und Grünen nach Akteneinsicht bei den betroffenen Firmen und der Vernehmung verdächtiger Politiker gegen die Ausschußmehrheit gesetzeswidrig sei. Der Versuch der SPD-Fraktion, die Verfassungskonformität des Untersuchungsausschusses und seiner Kompetenzen durchzusetzen, dürfte ein Novum in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte sein.
Empörung auch bei den übrigen Teilnehmern über die anhaltenden Versuche der Bundesregierung, die Ausmaße des schmutzigen Deals zu vertuschen und die Verantwortlichen in den eigenen Reihen zu schützen. Bitterkeit auch beim Londoner ANC-Vertreter Dennis Goldberg, der 1986 nach mehr als 20jähriger Haft in Südafrika aus dem Gefängnis entlassen wurde und vom Londoner Exil aus das Rassistenregime bekämpft. „Es ist eine Schande, daß sich eure Regierung nicht einmal an ihre eigenen Gesetze hält, vom Waffenembargo der UNO, das sie 1977 verabschiedet hat, ganz zu schweigen.“ Er erklärte weiter, „jeder, der mit der süfafrikanischen Regierung kollaboriert, ist mitschuldig am Apartheidsystem und seinem Unterdrückungsapparat“. Nach Schätzungen des ANC sind derzeit 30.000 politische Gefangene in südafrikanischen Gefängnissen inhaftiert. „Zehntausend davon sind Kinder, manche gerade erst acht Jahre alt.“ „Die verkauften Blaupausen bringen euch keine Arbeitsplätze, Afrika aber viele Tote“, so Goldberg weiter. Der ANC befürchtet, daß Südafrika Aggressionen gegen seine Nachbarstaaten plant. „Warum sonst hätte die Regierung den Rüstungsetat von acht auf zehn Milliarden Rand aufgestockt - trotz des Rückzugs aus Angola und der Unabhängigkeit Namibias? Dazu werden eure U-Boote gebraucht“, betonte Dennis Goldberg.
Scharfe Kritik gegen die Haltung der Bundesregierung in Zusammenhang mit dem Bonner U-Boot-Skandal äußerte auch der Leiter der „World campaign against military and nuclear collaboration with South Africa“, Abdul Minty. Nach Informationen seines Osloer Büros, das vor drei Jahren auf Anregung der UNO gegründet wurde, gibt Südafrika fast 50 Prozent seines gesamten Wehretats für den Einkauf ausländischer Waffentechnologien aus, größtenteils für Know -how Made in Germany. „Ohne die Unterstützung eurer Regierung wäre das Apartheidregime in Pretoria längst zusammengebrochen“, betonte Minty. „Andererseits berufen sich eure Politiker ungeniert auf das UNO-Waffenembargo von 1977, wenn es darum geht, Südafrikas Nachbarstaaten Waffenlieferungen zu verweigern. Und Richtung Bonn sagte Minty: „Die Scheinheiligkeit eurer Politik ist wirklich grenzenlos.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen