Arens wirbt in Bonn für Schamir-Plan

Israelischer Außenminister zu Gast / Deutsch-israelische Beziehungen vor dem Hintergrund von Gorbatschows Bonn-Besuch und dem EG-Binnenmarkt 1992  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Werben um den sogenannten Schamir-Plan steht im Mittelpunkt einer Reise des israelischen Außenministers Mosche Arens nach Bonn und Kopenhagen. Der Plan, der von Palästinensern in der Westbank und dem Gaza-Streifen als „Totgeburt“ bezeichnet wird, sieht Wahlen unter der Besatzung vor. Die Bundesregierung tritt im Verein mit den anderen EG-Staaten für eine internationale Nahost-Konferenz unter Beteiligung aller Konfliktparteien - auch der PLO ein, was von Israel nach wie vor strikt abgelehnt wird. Zu Arens Bonner Gesprächspartnern zählt Bundesaußenminister Genscher, Bundespräsident von Weizsäcker und der SPD -Vorsitzende Vogel.

Zwei Berater von Arens fehlten, als der israelische Außenminister am Sonntag in Bonn eintraf: Sally Meridor und Danni Naveh hatten darum gebeten, in Jerusalem bleiben zu dürfen, da sie keinen deutschen Boden betreten wollen. Sie werden erst in Kopenhagen zur Arens-Delegation stoßen.

Die Zeitung 'Jerusalem Post‘ wies am Sonntag in einem Leitartikel darauf hin, daß die Schatten der Vergangenheit jetzt, nach Jahrzehnten der Zusammenarbeit, nicht mehr so schwer auf den gegenseitigen Beziehungen lasteten. Eben wegen der Vergangenheit habe die Bundesregierung eine unabhängige Position bezogen und es bis auf wenige Ausnahmen vermieden, sich hinter einer EG-Gemeinschaftsfront zu verstecken. Da die Westeuropäer von den Vorschlägen Schamirs weniger begeistert seien als die USA, werde Arens in Bonn den Versuch unternehmen, die Kohl-Regierung auf die Probe zu stellen.

Der Artikel der 'Jerusalem Post‘ setzt sich anläßlich der Arens-Reise und nach dem Besuch des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow grundsätzlich mit den Perspektiven deutsch-israelischer Beziehungen auseinander. Das Blatt rechnet nun, nach dem Gorbatschow-Besuch, mit einem neuen Erwachen des deutschen Nationalismus, auch wenn dieser im Kontext eines breiteren europäischen Identitäts- und Interessensrahmens angesiedelt ist. In der Bundesrepublik werde man im Zuge dieser Entwicklung den Wunsch haben, die Erfahrungen des Weltkrieges nicht nur zu vergessen, sondern für dieses Vergessen auch den Stempel einer neuen Legitimation zu erhalten.

„Das Entstehen einer kohärenten europäischen Gemeinschaft, die eine Großmachtstellung einnimmt, eröffnet neue Horizonte für Israels eigene Entwicklung, und Deutschland steht im Zentrum dieses Prozesses“, folgert die 'Jerusalem Post‘. „Wenn wir uns auf Europa ausrichten, so bedeutet das, daß wir das neue, von der Vergangenheit befreite Deutschland anerkennen müssen“.