Palästinenser wollen Schulen wiedereröffnen

Bildungseinrichtungen der Westbank seit eineinhalb Jahren geschlossen / Unesco vor Entscheidung über PLO-Aufnahme  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

In der israelisch besetzten Westbank haben 320.000 palästinensische Kinder und Jugendliche bislang zwei Schuljahre verloren, seit die Bildungseinrichtungen im Februar 1988, bereits zwei Monate nach Beginn der Intifada, geschlossen wurden. Nachdem die Besatzungsbehörden am Sonntag die Schließungsorder für einen weiteren Monat verlängert hatten, erklärte am Montag Faisal al Husseini, der Leiter des Zentrums für Arabische Studien in Jerusalem: „Wir wollen die Schulen aus den politischen Manövern der Region heraushalten. Wenn die Schulen nicht binnen einer Woche wieder auf sind, dann werden wir Anweisungen erteilen, sie wieder zu öffnen.“ Entsprechende Vorbereitungen seien bereits im Gange. Husseini appellierte an die israelische Regierung und internationale Institutionen, für die sofortige Wiedereröffnung der Schulen zu sorgen.

Palästinensische Lehrer werfen der israelischen Regierung vor, unter den Kindern in der Westbank einen neuen Analphabetismus zu schaffen. Bereits jetzt konnten zwei Jahrgänge von Erstkläßlern nicht ordnungsgemäß eingeschult werden. Angesichts des palästinensischen Kinderreichtums ist jede Familie von diesem Problem unmittelbar betroffen. Im Zuge der Bemühungen palästinensischer Komitees um die Organisierung alternativer Schulklassen wurde es gar verboten, eine Gruppe von Kindern im eignen Hause zu unterrichten.

Im Gegensatz zur Westbank sind die Schulen im annektierten Ostjerusalem und auch dem Gaza-Streifen geöffnet. Doch selbst dort kann wegen der ständigen Ausgangssperren nicht regelmäßig unterrichtet werden. Lehrer schätzen den normalen Schulbetrieb auf etwa acht Tage im Monat. Wie in der Westbank, sind auch im Gaza-Streifen die Universitäten geschlossen. Von dieser Maßnahme sind 18.000 StudentInnen betroffen.

In der israelischen Regierung gibt es jetzt offenbar eine Tendenz, zumindest die Schulen wieder zu öffnen, allerdings erst nach einer Sitzung des Likud-Blocks in zwei Wochen, auf der über den sogenannten Schamir-Plan zu befinden ist.

Unterdessen hat die UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur am Montag beschlossen, einen Aufnahmeantrag der PLO auf die Tagesordnung ihrer nächsten Generalversammlung im Herbst zu setzen. Die Unesco hatte wiederholt gegen die Schließung der Bildungseinrichtungen in der Westbank protestiert.

Nach dem Rücktritt von General Amran Mitzna als Kommandant des Wehrbereichs Mitte ist General Jitzhak Mordechai zu seinem Nachfolger bestimmt worden. In den Tätigkeitsbereich Mordechais, der bisher dem Bereich Süd und so dem Gaza -Streifen vorstand, fällt jetzt die auch die Westbank. In die letzen Monate seiner Zuständigkeit für Gaza fiel ein deutlich härteres Vorgehen gegen die Palästinenser. (Siehe auch Seite 8)