„Bremen im Aufwind - bei 40.000 Arbeitslosen!“

■ SPD-Unterbezirk vertagte Kritik an Wirtschaftspolitik / Bürgermeister verhinderte Abstimmung über „Zweifelhafte Unternehmens-Subventionen“

Viel Redezeit beim SPD-Parteitag des Unterbezirks (UB) Ost am Dienstagabend wurde dazu gebraucht, eine „sachliche, disziplinierte Diskussion“ zu beschwören und trotzig darauf zu pochen, es müsse „ja wohl erlaubt sein“, einmal unterschiedlicher Meinung zu sein und „Anstöße zu geben“. Die beabsichtigten Anstöße der Parteibasis waren allerdings schon im Vorfeld des Parteitags als anstößig empfunden und von Senatskanzlei und Fraktionsmitgliedern mit deutlichen Interventionen bedacht worden.

Mit denkbar knapper 5:4-Mehrheit hatte der UB-Vorstand einen Antrag formuliert und dann auch eingebracht, der mit der praktizierten Wirtschafts-Förderungs-Politik des Senats heftig ins Gericht ging. Tenor: Die „Politik der schwer zu kontrollierenden

Unternehmenssubventionen mit zweifelhaften Effekten“ müsse „durch öffentlich organisierte Beschäftigungsprogramme und aktive Arbeitsmarktplitik ergänzt werden“.

30 Prozent aus den 200 Mio schweren „wirtschaftspolitischen Aktionsprogramms (WAP) sollten zur „Umsteuerung der Wirtschaftspolitik“ umgewidmet, Subventionen an „strikte Auflagen“ (Frauenförderung, Ausbildungsplätze, Dauerarbeitsplätze, Umweltvertäglichkeit) gebunden werden. Als Reste sozialdemokratischen Profils sollten Energiesparen, Papierrecycling, Wohnungsbau, ÖPNV und Initiativen einen Teil des 200-Millionen-WAP-Kuchens bekommen - arbeitsmarktwirksam für die „Problemgruppen“.

Der kritisierte Wirtschaftsse

nator Uwe Beckmeyer fand dagegen für die Lage im Lande nur ebenso lobende wie diffuse Worte („eine Menge aus eigener Kraft geschafft“, „absolute Zahl der Arbeitsplätze steigt“, „unsere Technologie-Politik greift“). Beckmeyer wußte, daß sich die Arbeitslosen-Quote „aus Angebot und Nachfrage zusammensetzt“ (ironischer Beifall) und schob die Schuld an der Bremer Arbeitslosigkeit den 2.500 Aussiedlern, den Niedersachsen'den Frauen, die „in die Berufe zurückwollen“ zu. Und natürlich - Bonn.

Fördermillionen an Auflagen zu binden, das sei aber „ein schlichter Anachronismus“, der nur abschrecke, „da schimmert die zentrale Verwaltungswirtschaft durch!“ Bremen habe „die Nase vorn“, und seit dem Tief

punkt in 1984 „im Saldo 6.000 Arbeitsplätze mehr“ vorzuweisen.

Ob die aber durch das WAP oder durch ABM und Arbeitszeitverkürzung zustande kamen, ob gar bei einer innerbremischen Gewerbe-Umsiedlung sämtliche Arbeitsplätze wie neu in die Beckmeyersche Bilanz gerechnet werden, darüber gab es weder Einigkeit noch Zahlen. Die Leviten las Heinz-Gerd Hofschen aus der Bremen-Plan-Kommission dem Wirtschaftssenator: „Genosse Beckmeyer, hier kann man sich nicht wie in Unternehmer-Kreisen hinstellen und sagen 'Bremen ist im Aufwind‘ - bei 40.000 Arbeitslosen‘!“

Klaus Wedemeier als neuer Arbeitssenator hielt mit Macht gegen: „Die Politik des Senats hat sozialdemokratische Konturen!“

Und kam - ausdrücklich „nach Zahlen des Arbeitssenators, nicht des Wirtschaftssenators“ - auf 30.000 „gesicherte oder neue Arbeitsplätze“. Er fand die Vorschläge im Antrag „nicht beschlußreif„und beschwor seine Truppen: „Ihr treibt die Gruppen in der Bevölkerung gegeneinander, die zu uns getrieben werden müssen!“

Jochen Grote und Gerd Syben vom ursprünglich initiativen Ortsverein Schwachhausen-West fanden schließlich auch Nichtabstimmung denkbar; „ein Versuch, einen nur folgenlosen knappen Beschluß oder eine sofortige Beerdigung zu verhindern“, erklärte Grote später der taz. Wenn es, wie zugesagt, überhaupt endlich Zahlen und Fakten zu Arbeitsplatz-Effekten und Strukturveränderungen aus dem Hause

Beckmeyers gäbe, sei das schon viel wert und eine Debatte aller beteiligten Ressorts das Wichtigste.

Auf einer überregionalen Herbst-Konferenz des UB-West zum gleichen Thema erhoffen die WAP-KritikerInnen eine Stärkung ihrer Position. Vergebens versuchte UB-Vorsitzender Armin Stolle, der in dem Antrag elementare Punkte des Regierungsprogramms 'Bremen-Plan‘ sieht, den UB-Antrag wenigstens „als Positions-Papier zum Weiterdiskutieren“ abstimmen zu lassen. Vergebens legte Detlev Griesche, im Vorstand gegen das kritische Papier, eine mildere, unkonkrete Variante vor. Dem Wunsch Wedemeiers auf Nichtabstimmung der Anträge folgten die Delegierten mit überwältigender Mehrheit. Susanne Paa