Studieren unter Sicherheitsstufe 1

■ BiologInnen an der Bremer Universität wollen Gentechnik-Professur, linke Professoren besonders

Der Bremer Studiengang Biologie hat eine Lücke im Lehrangebot, die an allen anderen Universitäten schon längst geschlossen ist. Diese Lücke heißt „molekulare Genetik“ auch kurz „Gentechnik“ genannt. Diese Lücke zu schließen, hat sich allen voran Professor Armin Hildebrandt vorgenommen. Denn Hildebrandt ist der einzige Bremer Professor, der in seinem Labor unter „Sicherheitsstufe L1“ schon jetzt mit „gentechnischen Methoden“ arbeitet. Da er diese Methoden aber nur „wie aus dem Kochbuch“ anwendet, wünscht er sich eine neue ProfessorIn, die „diese technischen Dinge optimieren und verfeinern“ kann. Gleichzeitig jedoch, und dies verkompliziert den Sachverhalt, gehört Prof. Hildebrandt zu den Kritikern der Gentechnologie an seinem Studiengang: „Ich seh da auch enorme Gefahren, man muß da höllisch aufpassen.“

Insgesamt 32 BiologInnen haben sich auf die Bremer Stellenausschreibung beworben. Acht, vier Frauen und vier Männer, wurden von der Berufungskommission zu Anhörungen geladen. Die ersten mußten allerdings unverrichteter Dinge wieder abfliegen, einer gar nach USA. Mit Trillerpfeifen ausgestattete „Zornige Petunien“ hatten die Sitzungen vor einem Monat endgültig und letzte Woche Donnerstag vorläufig zum Platzen gebracht.

Die „Zornigen Petunien“ sind „zornig“, weil sich unter den acht geladenen BewerberInnen mit

Prof. Forkmann einer befindet, der beteiligt sein wird, wenn erstmals in der Bundesrepublik genetisch manipulierte Organismen - Petunien - im Freilandversuch getestet werden. Die „zornigen Petunien“ sind jedoch auch unabhängig von Bewerber Forkmann „zornig“. In ihrer Resolution heißt es: „Wir wenden uns gegen jegliche Form von Forschung und Anwendung im Bereich der Gentechnologie in Bremen.“

Die „Zornigen Petunien“ zählten letzten Donnerstag beim zweiten Trillerpfeifen-Einsatz knapp

zwanzig Leute und kommen, so ein Aktivist, „aus der Stadt und aus der Uni.“ Unter ihrer Resolution hatten sie zahlreiche Unterschriften gesammelt: Unter anderen von allen Mitarbeiterinnen der Bremischen Gleichstellungsstelle und von der grünen Bürgerschaftsabgeordneten Helga Trüpel, von der BUND-Jugend und dem Juso-Landesvorstand, vom Arbeitskreis Sozialdemokratischen Frauen und vom autonomen -antiimperialistischen Plenum. Im Studiengang Biologie haben die „zornigen Petunien“ je

doch nur wenige AnhängerInnen. Eins ihrer Mitglieder erklärt sich das so: „Es fällt schwer, die Studenten zu mobilisieren, wenn die Ausbildung nur darauf ausgerichtet ist, Techniken zu lernen.“ Auch Martin Hebeler, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Berufungskommission, wundert sich nicht: „Wir haben fünf Ökologen im Studiengang, aber überhaupt keine Molekulargenetik. Die gentechnische Methode wird seit 15 Jahren angewendet. Biologen müssen eine gewisse Kompetenz haben, sich damit kompetent

auseinanderzusetzen.“

Das studentische Kommissionsmitglied Frank Götzke trat vergangene Woche zurück: „Ich bin der festen Überzeugung, daß es keine Diskussion geben kann, solange die Berufungskommission bestrebt ist, ihren Auftrag durchzuziehen. Voraussetzung für ein offenes Gespräch, ist die Auflösung der Kommission.“ Die Kommission folgte dieser Anregung nicht. Nach der Sprengung der Sitzung am Donnerstag tagte die Kommission „nicht-öffentlich“ weiter.

Prof. Hildebrandt ist darüber nicht glücklich, fühlt sich aber zu diesem Vorgehen gezwungen: „Zwei handvoll Trillerpfeifen können nicht darüber bestimmen, was hier passiert.“ Offen ist jedoch auch noch, ob Prof. Hildebrandt selbst „darüber bestimmen kann“, was in der Kommission passiert. Dort hat eine konservative Riege von Biologie -Professoren die Mehrheit und die war es auch, die durchsetzte, den Petunien-Bewerber Forkmann zur Anhörung einzuladen. Hildebrandt war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden gewesen, Forkman sei noch nicht einmal Molekularbiologe, sondern Botaniker, Fachmann für Blütenfarbgebung. Hat Prof. Hildebrandt keine Angst, daß eine harte Gen-und FreisetzungstechnologIn ihm zur Seite berufen wird? Hildebrandt zur taz: „Sie haben schon recht, man könnte überstimmt werden.“

Barbara Debus