Bonn empfängt künftigen Apartheidchef

Präsident Bothas Nachfolger de Klerk auf Europareise / Der Mann mit dem Reformer-Image will drohende Sanktionen abwenden / Die Bundesrepublik als größter Handelspartner des Apartheidstaates Südafrika ist erste Station Willem de Klerks  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Frederick W. de Klerk, Führer von Südafrikas regierender Nationalen Partei (NP) und höchstwahrscheinlich nächster Präsident des Apartheidstaates, kommt heute in Bonn an. De Klerk befindet sich auf einer mehrtägigen Europareise, in der er auch Großbritannien, Italien und Portugal besuchen wird. Die Reise wird in Südafrika als ausschlaggebend für eine mögliche Lockerung der internationalen Isolierung des Apartheidregimes betrachtet.

De Klerk wird heute mit Bundeskanzler Kohl und Außenminister Genscher sprechen. Morgen wird er in London von Margaret Thatcher empfangen. Am Samstag wird der portugiesische Premierminister Cavaco Silva ihn begrüßen, und am Sonntag geht es nach Rom zu Außenminister Giulio Andreotti. Am Montag ist auf dem Rückflug nach Südafrika ein mehrstündiger Aufenthalt in Zürich geplant, wo Bankiers und Geschäftsleute den Südafrikaner sprechen wollen.

Europäische Staatschefs nehmen die Gelegenheit wahr, mit de Klerk zu sprechen, solange er nur Erziehungsminister ist. Protokollarisch findet also kein Gipfeltreffen mit dem Apartheidchef statt. Dennoch ist es so gut wie sicher, daß de Klerk nach der allgemeinen Wahl am 6. September Präsident werden wird.

De Klerk war im Februar Parteichef geworden, nachdem Staatspräsident Pieter W. Botha überraschend dieses Amt abgegeben hatte. Obwohl Botha weiter Präsident bleiben wollte, wurde er nach wochenlangen heftigen Auseinandersetzungen in der Partei dazu gezwungen, die Amtsniederlegung nach den Wahlen zu akzeptieren. Beobachter, darunter wohl auch die konservativen Regierungen in Europa, erhoffen sich von de Klerks Amtsantritt einen frischen Reformwind im Apartheidstaat. De Klerk, der bisher als eher konservativer NP-Minister galt, hat sich in letzter Zeit bemüht, solche Hoffnungen zu schüren. Mehrmals hat er in wichtigen Reden vom Ende der weißen Herrschaft gesprochen und tiefgreifende Reformen in Aussicht gestellt. Südafrikas Außenminister Roelof „Pik“ Botha bemüht sich ebenfalls, Reformtöne von sich zu geben.

Konkrete Pläne des Regimes sind allerdings nicht zu erkennen. Zudem steht nach wie vor fest, daß auch für de Klerk eine schwarze Mehrheitsregierung ausgeschlossen ist. Der Schutz von separaten „Gruppen“, also der Weißen, bleibt oberstes Gebot. Auch Verhandlungen mit „schwarzen Führern“, die de Klerk verspricht, werden nur unbedeutende Organisationen einbeziehen, den verbotenen Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) auf jeden Fall ausschließen.

De Klerk hofft andererseits, durch seine Reise die Verhängung neuer Sanktionen gegen Südafrika zu verhindern und vielleicht sogar die Aufhebung bestehender Maßnahmen zu erreichen. Besonders die scharfen US-amerikanischen Sanktionen und ein weltweiter Kreditstopp haben den Apartheidstaat schwer getroffen. Die eher symbolischen Einfuhrbeschränkungen der EG haben sich wirtschaftlich kaum ausgewirkt. Statt dessen hat der Handel zwischen EG und Südafrika im letzten Jahr explosiv zugenommen. Die BRD ist inzwischen größter Handelspartner des Apartheidstaates.

Die Stimmengewinne sozialdemokratischer und linker Parteien in den Europawahlen sind für Südafrika deshalb besonders besorgniserregend. Auch konservative Regierungen, allen voran Kohl und Thatcher, müssen jetzt genauer prüfen, wie weit sie Südafrika in der EG noch in Schutz nehmen können.

Spekulationen im Vorfeld der Reise de Klerks konzentrieren sich vor allem auf seine Beratungen mit Thatcher. Die eiserne Lady bemüht sich offenbar darum, Verhandlungen zwischen der südafrikanischen Regierung und dem ANC zustande zu bringen. So will sie von de Klerk die Freilassung des seit 27 Jahren inhaftierten ANC-Führers Nelson Mandela fordern. Im Tausch dafür müßte der ANC eine Suspendierung seines bewaffneten Kampfes gegen das Apartheidregime zusagen.

Allerdings sind keine konkreten Entwicklungen vor der Wahl im September zu erwarten. De Klerk muß seine Macht in der NP festigen. Noch-Präsident Botha will nicht so leicht resignieren. Gleichzeitig droht die ultrarechte Konservative Partei (CP) zusätzliche Gewinne zu machen. Auch die erst kürzlich gegründete liberale Demokratische Partei hat sich schnell zu einer beachtlichen Konkurrentin der NP gemausert.