Umweltkatastrophe in Bangladesch

■ Als Folge von Abholzungen im Himalaya-Gebirge droht das Land im Wasser zu versinken / 50.000 Menschen obdachlos / Düstere Prognosen für die Region

Dakka (afp) - Die massive Abholzung und die dadurch verursachte Bodenerosion im Himalaya-Gebirge stellen nach Ansicht von Experten eine zunehmende Gefahr für die Länder der Region dar. Aufgrund der Eingriffe des Menschen in die Natur werden bereits heute jährlich etwa 4,2 Milliarden Tonnen Sedimentgestein aus der Gebirgskette abgetragen, sagt der bangladeschische Ökologe Mohammad Shahjahan von der Technischen Universität in Dakka. „Was da in den Bergen passiert, verursacht eine Kettenreaktion, die dazu führt, daß die im Himalaya entspringenden Flüsse Unmengen von Schlamm und Sand in den Ebenen Indiens und Bangladeschs abladen“, erklärt er auf einer Pressekonferenz über die Probleme der Himalaya-Region. Von der drohenden Katastrophe wird seiner Meinung nach in Zukunft das ganze ökologische System der Welt betroffen sein.

Bis zum Ende des Jahrhunderts wird es laut Shahjahan in der gesamten Region zu einem ernsthaften Mangel an Brennstoff, Nahrung und anderen Bodenschätzen kommen, wenn nicht Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. „Es ist ein riesiges Problem, denn davon sind nicht nur die 50 Mio. in den Bergen und die 350 Mio. in der Umgebung lebenden Menschen betroffen, vielmehr steht auch die Zukunft des gesamten südasiatischen Raums auf dem Spiel“, so Shahjahan. Aus mehreren indischen Studien geht darüber hinaus hervor, daß etwa 50 Prozent der Geröllmassen aus dem Himalaya-Gebirge von den Flüssen in Nepal, Bhutan und Indien abgelagert werden, während die restlichen 2,1 Mio. Tonnen nach Bangladesch fließen.

Etwa 15 Millionen Hektar des gesamten indischen Territoriums werden jährlich von den im Himalaya entspringenden Flüssen überschwemmt. Allein im Ganges-Delta verursacht dies jedes Jahr Schäden im Wert von 93,75 Millionen Dollar. Etwa 20 bis 60 Prozent der Bangladescher sind nach Angaben des Ökologen regelmäßig von den aus dem Gebirge herunterkommenden Fluten betroffen. Im vergangenen Jahr wurden bei der bisher schwersten Flutkatastrophe des Landes 2.200 Menschen getötet. Etwa drei Millionen Bangladescher verloren dabei ihre Unterkünfte. Auch jetzt werden die Menschen wieder von Überschwemmungen heimgesucht, schon 50.000 sind obdachlos.

Nach einer vom Umweltprogramm der UNO und der US -Umweltschutzbehörde veröffentlichten Studie könnte in 50 bis 60 Jahren etwa ein Sechstel von Bangladesch im Golf von Bengalen versunken und damit die Heimat von etwa 27,5 Millionen Bangladescher im Wasser verschwunden sein, wenn aufgrund des globalen Treibhauseffektes der Meeresspiegel steigt. Im vergangenen Monat gab die Regierung des Landes bekannt, sie werde 1,1 Prozent ihres Bruttosozialproduktes zur Verhinderung weiterer Umweltkatastrophen aufwenden. Umfassende Maßnahmen sind nach Ansicht des Umweltschützers Mohammad Yunus dringend nötig, um die „Gesundheit des Himalaya-Gebietes“ aufrechtzuerhalten. Yunus leitet den Aufbau eines internationalen Gremiums zu Verhinderung von Naturkatastrophen. Er rief die Supermächte dazu auf, ihre Rüstungsgelder in Zukunft für die Erhaltung der Umwelt und des ökologischen Gleichgewichts auszugeben.

Naseem Firdaus