Schwierige START-Verhandlungen

■ Auch nach fast einjähriger Verhandlungspause bringen die USA wenig Neues nach Genf mit / Bush will offenbar die auf U-Booten stationierten Cruise Missiles in die Verhandlungen einbringen

Berlin (taz) - Endlich ist Richard Burt am Ziel seiner Wünsche. Seit Anfang dieser woche darf der frühere Botschafter in Bonn als amerikanischer Chefunterhändler in Genf mit der Sowjetunion über die Reduzierung der ganz großen Hämmer im atomaren Bedrohungstheater verhandeln: 50 Prozent der derzeitigen Arsenale an Interkontinentalraketen sollen auf den Schrott - das bedeutet maximal 1.600 Trägersysteme und 6.000 Sprengköpfe (warheads) sollen übrigbleiben.

Obwohl sich damit der Globus noch etliche Male in die Luft sprengen ließe, gibt es jenseits dieser gemeinsamen Zielvorstellung erhebliche Probleme im Detail. So hatte Burt zum Auftakt der Verhandlungen von seinem Präsidenten den Wunsch mit auf den Weg bekommen, er solle die Sowjets davon überzeugen, das schwierige Problem einer späteren Überprüfung eines Abkommens (Verifikation) dadurch zu erleichtern, daß bereits während der Verhandlungen gegenseitige Kontrollen und Inspektionen an Produktions- und Stationierungsorten von Interkontinentalraketen vorgenommen werden sollten, um dadurch einen überzeugenden Kontrollmechanismus zu entwickeln. Dieser Vorschlag wurde den Sowjets in der gestrigen Plenarsitzung vorgelegt, Reaktionen darauf stehen noch aus.

Nachdem sich Bush entschlossen hat, die bislang fest verbunkerten, mit jeweils zehn Sprengköpfen versehenen MX -Raketen auf die Eisenbahn zu verlagern, wird die US-Army mit der Roten Armee gleichziehen, die ihre Raketen bereits jetzt auf der Schiene durchs Land karrt. Im letzten Jahr hatten die USA noch gefordert, die Sowjetunion solle damit aufhören, da diese Praxis eine Verifikation erheblich erschweren würde. Dagegen lehnen die USA bis heute die Einbeziehung der auf U-Booten und Flugzeugen stationierten Raketen ab, angeblich weil dies auch nicht zu überprüfen wäre, tatsächlich aber wohl, weil sie im Gegensatz zu den Sowjets den überwiegenden Teil ihrer Atomwaffen just auf U -Boote gepackt haben.

Aus einigen bislang offiziell noch nicht bestätigten Äußerungen aus der US-Administration geht allerding hervor, daß Bush offenbar die auf U-Booten stationierten Cruise Missiles nun doch in den Verhandlungspoker einbringen will. So erklärte Burt gegenüber der Fernsehgesellschaft ABC, jedes START-Abkommen müsse eine ganze Serie von Systemen begrenzen - dazu gehören auch schwere Bomber und seegestützte Cruise Missiles.

Der dickste Brocken für Gorbatschows Generäle ist jedoch nach wie vor das SDI-Programm. Die Sowjets machen eine START -Vereinbarung davon abhängig, ob Washington sich streng an den ABM-Vertrag über die gegenseitige Begrenzung von Raketenabwehrwaffen hält. Damit fallen nach sowjetischer Überzeugung alle SDI-Tests flach, auf die die USA aber nicht verzichten wollen. Burt warb in Genf dafür, beide Komplexe auseinanderzuhalten. Moskau dagegen drängt auf eine vertragliche Zusicherung, daß das ABM-Abkommen nach einer START-Vereinbarung noch mindestens sieben Jahre uneingeschränkt und ohne Hintertüren gelten soll. Die USA lehnen eine solche Festlegung ab. Sie schlagen statt dessen eine Verständigung auf eine Liste von Waffenentwicklungen, -tests und -stationierungen vor, die beiden Seiten in einem bestimmten Zeitraum erlaubt sein sollte.

JG Kommentar auf Seite 8