Chinas Henker bei der Arbeit Drei Todesurteile vollstreckt

■ Erste Hinrichtungen nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz / Internationale Appelle zur Begnadigung blieben unbeachtet / Bonn spricht von „gefährlichem Rückfall in Totalitarismus

Peking/Bonn (ap/dpa/taz) In China sind jetzt die Scharfrichter am Werk: Ungeachtet internationaler Appelle zur Begnadigung sind gestern drei Männer in Schanghai vor 3000 Zuschauern hingerichtet worden. Es sind die ersten vollzogenen Todesstrafen gegen Beteiligte an den jüngsten Demonstrationen für Demokratie und Freiheit, die von Chinas kommunistischer Führung als „konterrevolutionäre Rebellion“ eingestuft worden sind. Zum Tod Verurteilte werden in China durch einen Genickschuß exekutiert.

Das höchste Volksgericht hatte zuvor eine Berufung abgelehnt und den Vollzug der Todesstrafe angeordnet. Vorgeworfen wurde den drei jungen Arbeitern, Eisenbahnwaggons in Brand gesteckt, Feuerwehrleute geschlagen, und öffentliche Transportmittel schwer beschädigt zu haben. Xu Guoming, Bian Hanwu und Yan Xürong hatten nach dem blutigen Eingreifen des Militärs in Peking Anfang Juni einen Zug in Brand gesteckt, der zuvor über ein Gruppe von Demonstranten gefahren war und dabei sechs von ihnen tötete.

Auch in Peking wurde bereits gegen acht Personen, darunter Arbeiter, Bauern, Arbeitslose und Vorbestrafte, wegen ihrer Teilnahme an der „konterrevolutionären Rebellion“ die Todesstrafe verhängt. Sie sollen während des Einmarschs des Militärs Soldaten geschlagen, Busse und Militärfahrzeuge in Brand gesteckt und Waffen geraubt haben. Die Gerichtsverfahren gegen die bislang festgenommenen Studenten -Führer sind noch nicht eröffnet worden.

Die Hinrichtungen bedeuten laut Bundesregierung einen „gefährlichen Rückfall in die Zeit des menschenverachtenden Totalitarismus in den Jahren vor 1978“, heißt es in einer Erklärung von Regierungsprecher Klein. Außenminister Genscher, gestern auf Kurzbesuch in Washington, hat die Hinrichtungen mit „Abscheu aufgenommmen. Genscher will die Vorgänge sowohl mit der amerkanischen Regierung besprechen als auch auf dem Treffen des europäischen Rats am kommenden Montag in Madrid zur Sprache bringen.

Die Bundesregierung verteidigte ihre Maßnahmen als ausreichend, Regierungskontakte und Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit „angehalten“ zu haben. Die USA habe mit den gestern bekanntgegeben Maßnahmen nur „exakt“ nachgezogen. Bezüglich weitergehender Sanktionen müsse beachtet werden, ob diese eventuell den Menschen in China schadeten. Man strebe bei weiteren Maßnahmen einen Konsens mit den europäischen Partnern an, schließe aber auch ein einseitiges Vorgehen nicht aus, sagte Klein, der hinzufügte, diese Überlegungen seien derzeit aber „ganz abstrakt“. Ein Abzug des deutschen Botschafters wird offenbar nicht erwogen; schließlich gehe es auch darum, sich um die Deutschen vor Ort zu kümmern. Der Frage, ob die Bundesregierung staatliche Kreditabsicherungen (Hermes -Bürgschaften) für Geschäfte mit China ablehnt, wich der Sprecher des Wirtschaftsministeriums aus. Er teilte nur mit, daß seit Beginn der Unruhen in China kein derartiger Antrag eingegangen sei. Das Außenminsiterium kündigte an, es werde sich in den nächsten Tagen mit Vertretern der in der Bundesrepublik lebenden Studenten teffen, um zu klären, wie diesen bei einer Rückkehr sanktionsbedrohten Menschen zu helfen sei. Der Bundestag hat aufgrund deer Hinrichtungen für heute eine zwanzigminütige Debatte zu diesem Thema beschlossen.

Auch die US-Regierung hatte Chinas Regierung aufgefordert, die zum Tod verurteilten Demonstranten zu begnadigen. Washington verschärfte unterdessen auch seine Sanktionen gegen China. US-Präsident George Bush ordnete nach Angaben des Sprechers des Weißen Hauses nach dem bereits verfügten Abbruch der militärischen Kontakte an, alle Gespräche und Besuche von hochrangigen Regierungsvertretern mit der chinesischen Führung auszusetzen.

Darüber hinaus will sich die US-Regierung in internationalen Organisationen wie der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank dafür einsetzen, daß Kredite und Hilfsprogramme für China vorerst gestoppt werden. Die USA sind mit 12 Prozent am chinesichen Kreditvolumen beteiligt, die Bundesrepublik mit nur fünf Prozent.