Entschädigung von NS-Opfern verhindert

■ Bundestagsdebatte legt Mißstände bei Entschädigung offen

Bonn (taz) - Als „erneutes Unrecht gegenüber den Opfern“ hat die Bundestagsabgeordnete der Grünen Antje Vollmer, die Handhabung des Härtefonds für NS-Opfer bezeichnet. Durch eine und „unwürdige“ Praxis würden von den für das letzte Jahr bereitgestellten 50 Millionen Mark nur 1,6 Millionen Mark ausgezahlt. Die bei der Einrichtung des Härtefonds Anfang 1988 für bislang nicht entschädigte Sinti, Roma, Zwangssterilisierte und Homosexuelle gemachten Versprechungen nach schneller und unbürokratischer Hilfe hätten sich als „Hohn erwiesen“, sagte Frau Vollmer. Eine verbesserte Regelung, wie sie SPD und Grüne verlangten, wurde von der Regierungskoalition abgelehnt. Die CDU/FDP -Koalition sprach sich lediglich dafür aus, die bestehende Regelung flexibler anzuwenden. Insgesamt stehen über mehrere Jahre verteilt 300 Millionen Mark zur Verfügung. SPD und Grüne unterstützen die Einrichtung einer Stiftung unter Beteiligung der Verfolgten. Dadurch könne den NS-Opfern unbürokratischer geholfen und sie vor Schikanen durch die Behörden geschützt werden. Kritisch äußerte sich auch der FDP-Abgeordnete Wolfgang Lüder zur bisherigen Vergabepraxis. Er sprach von „eingebauten Bremsen“ und einem „falschen Rat“ des Finanzministeriums. Dennoch stimmte Lüder für die Regierungsvorlage, die zur derzeitigen Bemessungsgrenze für eine Entschädigung von 1.271 Mark monatlich einen Freibetrag von 300 Mark für verfolgungsbedingte Zusatzkosten schafft. Fortan genügt zum Nachweis der Sterilisation ein Hausarztgutachten. Gerade die von Ärzten gequälten Menschen hätten ein Recht auf Ablehnung einer Untersuchung durch Behördenärzte, sagte Lüder. In der Debatte wurden mehrfach erschreckende Beispiele staatlicher Ignoranz und Schikane genannt, so die Frage in den Unterlagen, ob der Antragsteller jemals NSDAP-Mitglied gewesen sei. Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Voss, betonte in seinem zynisch-kalten Vortrag dagegen mehrfach, man halte sich „an Recht und Gesetz“. Insgesamt seien bislang 2.000 Anträge eingegangen. Er lehnte eine Entschädigung für die bislang niemals berücksichtigten Zwangsarbeiter ab, von denen über sieben Millionen nach Deutschland verschleppt wurden.

gn