Grüne Kleider-Ordnung

■ Wie der Grüne Fraktionsgeschäftsführer unbarmherzig modisch fertiggemacht wurde

Mehr als Kreml-Gold, Europa-Wahl und Werder-Wetten heizte den BremerInnen in dieser Woche ein eher alltags-kulturelles Thema ein: die kurze Hose am Mann. Es war so heiß, daß Deos versagten und Unterarmnässe sich Bahn brach. In einem vornehmen Handschuh-Geschäft einer Innenstadt-Passage lösten sich ohne Rücksicht auf den Umsatz die beiden Mitarbeiterinnen permanent ab, um über Hände und Füße kaltes Wasser laufen zu lassen. Bei einem Bremer Wohlfahrtsverband wurde ein Mitarbeiter enttarnt, der während einer Dienstbesprechung und unter dem Tisch die leinene Hose bis über beide Knie hochgekrempelt hatte. Den Vogel aber schossen die Grünen ab.

Schlagartig verstummten die Gespräche, als Fraktionsgeschäftsführer Rainer Oellerich, von so stattlicher Statur, daß sie einen Caesar erfreut hätte, Anfang der Woche das Büro betrat: hellgelb gemustert und über die Maßen knapp prangten, entscheidende Stellen nur mit Mühe verbergend, Boxershorts, überraschend kombiniert mit dicken Wollsocken in breiten Gesundheits-Sandalen.

„Machst Du heute frei? Fährst Du zum Unisee?“ vermuteten die staunenden Mitarbeiterinnen, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatten. Mitnichten. Eine Fraktions-Sitzung im Hause der Bürgerschaft und eine Landespresse-Konferenz im ehrwürdigen Rathaus standen auf dem Programm, das der sich unerschüttert gebende Grüne auch stoisch unverhüllt absolvierte. Dabei war hausintern inzwischen ergebnisbezogen durchdiskutiert worden, wer aus der grünen Herrenriege allenfalls - Blick auf Bein freigeben könnte: Nur Lothar Probst, „dessen schlanke, wohlgeformte Beine durchaus Frauenblicke auf sich zu ziehen vermögen“, wie eine unparteiische Mitarbeiterin versicherte, sowie Peter Rüdel und Jürgen Baumann erreichten einen Platz auf der Bein-Frei -Liste.

Also nichts da mit bunter Vielfalt und selbstbewußter Körperpräsentation. Stramme Knie und Waden, blank oder haarig, jedenfalls aber männlich, dürfen nicht mehr nackt sein in Zeiten, wo Politikermänner bereits anders vermeintlich Weibliches eroberten: des Bürgermeisters täglicher Gang zum Friseur, des grünen Innenpolitikers eingefärbte Haar-Strähnchen, dazu Flatterhosen, Dauerwellen, Ohrringe und Seidenhemden! Die Toleranz im grünen Büro endet bei der kurzen Sorte des Beinkleids.

Auch die stämmigsten Männer lassen kritische Frauenblicke nicht folgenlos an sich vorbeigehen. Am folgenden heißen Tag - eine Besichtigung des Güter-Verkehrs-Zentrums war angesagt - gab sich der Geschäftsführer demonstrativ bedeckt - nicht nur in dicken Jeans, sondern überdies mit blauem Schlapphut. Rosi Rolan