„Der Nulltarif bringt nichts“

■ Verkerspolitischer Kongreß der Grünen: Gute Ratschläge aus anderen Städten

Vor zwanzig Jahren hätte sich fast die Revolution an der Frage entzündet, am Samstag stellten alternativ und ökologisch orientierte Verkehrs-Spezialisten auf dem ganztägigen grünen verkehrspolitischen Kongreß fest: Nulltarif für Bus und Bahn bringt nichts. Das Arme-Leute -Image bringe niemanden vom Auto in den Bus, wie entsprechende Experimente etwa in Bologna bewiesen hätten. Komfortable Waggons, ein dichtes Streckennetz und eine hohe Fahrfrequenz auch abends und an den Wochenenden seien vielmehr die entscheidenden Kriterien.

„Bei Euch in Bremen gibt es enorm viel Straße - und die Leute bleiben vor der roten Ampel stehen, auch wenn kein Auto kommt.“ Das waren die ersten spontanen Eindrücke des Züricher Verkehrsspezialisten Ruedi Ott. Erst-und einmalig hat der Stadtrat Zürich ein Verkehrskonzept beschlossen, daß dem Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) fördern und den motori

sierten Individual-Verkehr (IV) reduzieren soll. Rad-und Fußgänger-Netze werden finanziell spürbar gefördert, Autos aus den Wohngebieten verdrängt, Straßen verkehrsberuhigt. Ampeln geben vor der Zeit Grün für FußgängerInnen, wenn kein Auto mehr kommt.

Die „urbane Innenstadt“ ist ein Ziel der neuen rot-grünen Frankfurter Stadtregierung. Lutz Sikorski, grüner Frankfurter Abgeordneter, berichtete, wie in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD um die autoarme City der Mainmetropole gerungen worden war. Um den Preis der „verdichteten Hodchhausbebauung in einem bestimmten Areal“ konnten die Grünen den praktisch autofreien Stadtkern durchsetzen. Zwei Parkhäuser sollen abgerissen und durch Wohnbebauung ersetzt werden. Und, absurdes Beispiel koalitionsabhängiger Politik: Die Straßenbahnschienen, vor zwei Jahren von der CDU-Regierung aus der City entfernt,

werden wieder neu verlegt.

„Wenn wir mit dem Auto keine Konflikte eingehen, schaffen wir nie eine Verkehrsreduzierung“, konstatierte der nordrhein-westfälische Staftentwicklungsforscher Dr. Helmut Holzapfel und empfahl mehr ÖPNV, und zwar zu Lasten des Autoverkehrs, mehr Verkehrs-Beruhigung, flächendeckend Tempo 30 - „aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Gründen“. Im Publikum saßen „fast mehr SPD-Experten als Grüne“, hatten einige Grüne bereits erfreut konstatiert. Gerade jetzt, während des verkehrspolitischen Moratorium, gelte es, „Ideen und Sachverstand aus anderen Ländern und Städten nach Bremen zu holen“, hatte die grüne Verkehrsexpertin Irmgard Jahnke gefunden. Eine Entscheinung zum umstrittenen Projekt Schwachhauser Heerstraße mit Concordia-Tunnel-Ausbau liegt derzeit vor dem Bremer Oberverwaltungsgericht an. S.P