Verknüpfte Geschichte

■ Der Entwurf des Mailänder Architekten Daniel Libeskind erhielt im Bauwettbewerb des „Berlin-Museums mit Abteilung Jüdisches Museum“ den ersten Preis

Wie ein riesiger Zick-Zack-Blitz soll sich der zehnfach geknickte Erweiterungsbau des Berlin-Museums an den bereits bestehenden barocken Altbau anschließen. „Beetween The Lines“ - der Entwurf des Mailänder Architekten Daniel Libeskind erhielt jetzt von der Jury des „Bau- und Realisierungswettbewerbs für die Erweiterung des Berlin -Museums mit Abteilung jüdisches Museum“ einstimmig den ersten Preis, dotiert mit 50.000 Mark.

Der futuristische Entwurf des 1946 in Lodz (Polen) geborenen Libeskind ist bis ins kleinste Detail liebevoll durchdacht. „Fragmentierung und Zersplitterung“, so heißt es in der Leitidee, „zeichnen den Zusammenhang des Ensembles“. So besteht der geplante Anbau ewigentlich aus zwei Linien das sichtbare, in sich geknickte Gebäude und die gedachte, das Gebäude durchdringende gerade Linie, die immer dort, wo sie auf das Gebäude trifft, den Sitz eines Teils des Jüdischen Museums markiert. Die Betrachter treffen somit nicht auf eine zusammengepferchte Abteilung „Jüdisches Museum“, sondern sie werden ständig erneut mit der jüdischen Geschichte konfrontiert, können nicht entfliehen. Untrennbar werden jüdische und Berliner Geschichte inhaltlich und räumlich miteinander verknüpft.

Als Ziel des „Sichtbarmachens des Unsichtbaren“ - des Schicksals der deutsch-jüdischen Beziehungen in Berlin“ vor Augen, begnügt sich Libeskind in seinem Entwurf allerdings nicht nur mit akribischen architektonischen Zeichnungen, er verbindet die einzelnen Komplexe auch mit seinen Gedanken, dem „sleeping car to eternity“, die „Eisberge“ im Norden des Gebäudes, vor dem gezeichneten Haupteingang schreibt er: „Come back! All is forgiven!“

„Was wirklich alles dahintersteckt, jedes einzelne Detail hat wohl noch keiner ganz begriffen“, heißt es dazu aus Mitarbeiterkreisen der Jury. Aufgefallen war Libeskind bereits schon in der Vorprüfungsphase, wo er statt einer sechsstelligen Kennummer für seinen Entwurf die Zahl 6.000.000 (ermordete Juden) wählte. „Auch wer diesen Entwurf auf Anhieb nicht versteht, sollte nicht davor zurückschrecken“, betont Volker Heise, Leiter und Koordinator der Vorprüfung, ausdrücklich. Daß es sich hierbei um eine „erregende Herausforderung“ handele, die zur Auseinandersetzung zwingt, habe auch das Preisgericht erfahren.

Die Baubarkeit des „Blitzes“ aus Glas, Mosaiken und Stein „keinesfalls ein Betonriegel“ - sei laut Heise „völlig problemlos“. Wie die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen mitteilte, sind für die Realisierung des Vorhabens in der Investitionsplanung des Landes Berlin bereits 77 Millionen Mark veranschlagt. Baubeginn soll 1990 sein.

Martina Habersetzer

Zu besichtigen sind sämtliche Wettbewerbsarbeiten vom 7. bis 29.7., Mo bis So jeweils von 15 bis 20Uhr in der Ackerstr.76, 1/65.