Ideologischer Popanz

Die Bilanz der AL zur Frauenpolitik ist mager  ■ K O M M E N T A R

Während der Koalitionsverhandlungen schien es, als sei das rot-grüne Projekt für die Alternative Liste ohne den Schwerpunkt Frauenpolitik nur die Hälfte des Himmels. Sie wurde als das Feld gewertet, auf dem das grüne Einsprengsel sich vom blassen rosa besonders schillernd abheben würde. Die Partei hat dafür andere Ressorts und Zuständigkeiten „geopfert“. Die Berlinerinnen durften hoffen und gespannt sein. Doch nach drei Monaten Regierungsbeteiligung muß die AL selbstkritisch eingestehen, daß bislang keine Impulse von dem neu geschaffenen Frauenressort, von der Frauensenatorin ausgegangen sind.

Daß die AL grade für das Frauenressort eine Kandidatin nominiert hat, die bislang in AL-Strukturen nicht präsent war, die keine Politikerin war, erweist sich als Fehler. Was in den anderen Senatsverwaltungen mit Öffnung in andere Gesellschaftsschichten begründet und sich als solche erwiesen hat, führte bei der Frauensenatorin zur Verengung des Blickwinkels.

Doch die Verantwortung für das frauenpolitische Vacuum jetzt allein auf die Senatorin zu schieben, wäre verkürzt. Schließlich waren es die AL-Frauen selbst, die für den Posten gestritten haben. Die Verantwortung für den so hoch gehandelte Politikbereich obliegt der Partei. Doch da ist Sendepause. Die inhaltliche Unterstützung, die die Frauensenatorin am Nötigsten hätte versagen ihr die Parteifrauen. Sie geben die Verantwortung ab. Heute scheint sich zu erweisen, was schon während der Verhandlungen mit der SPD viele dachten und nicht laut zu sagen wagten: Daß sogenannte feministische Politik ein ideologischer Popanz ist. Ein bunter Strauß von Sonderinteressen, aber kein gesellschaftliches Konzept. (Siehe auch Artikel auf Seite 2)

Brigitte Fehrle