Ostsee-Konferenz mit Happy-End

Am Ende gingen in Riga die Konferenzteilnehmer gemeinsam mit der Miliz ins Wasser / Ökologische Rundfahrt unter Polizeischutz / Gemeinsames Arbeitspapier und ein Labor für die lettischen Gastgeber  ■  Aus Riga Wieland Giebel

Was trägt der Milizchef drunter? Hundert Augenpaare waren auf ihn gerichtet, als er die Hose herunterließ. Zum Vorschein kam: die Badehose! Zum Abschluß der Ostsee -Konferenz in Riga gingen die Konferenzteilnehmer mit der örtlichen Miliz baden - in einem Waldsee. So endete die erste nichtstaatliche Umweltkonferenz in der Sowjetunion doch noch mit einem Happy-End. Und gleich mit einem doppelten. Denn auch die zuvor aus Sicherheitsgründen abgesagte ökologische Rundfahrt fand doch noch statt, und zwar unter Polizeischutz und mit Blaulicht. Eine ungeheure Provokation gegenüber Moskau. Lettland ist lettisch und wird nicht von Moskau kontrolliert. Das sollte hier demonstriert werden.

Die Konferenz, zu der der lettische Klub zur Verteidigung der Umwelt eingeladen hatte, war, wie letzte Woche berichtet, verboten worden - zumindest am Tagungsort Edole bei Riga. Die Teilnehmer hatten beschlossen, dieses Verbot zu ignorieren. Der Klub zur Verteidigung der Umwelt ist zwar legal, aber wegen seines radikalen Auftretens in ökologischen und patriotischen Fragen nicht sehr beliebt.

Wie das Engagement für Umwelt und Unabhängigkeit zusammengehen, das wurde gerade bei dieser Konferenz deutlich. Schon zur Eröffnung des Meetings, an dem AktivistInnen aus Skandinavien, BRD, DDR, den Niederlanden und aus den baltischen Staaten teilnahmen, war die lettische Flagge in der Kirche gesegnet, in einem Demonstrationszug zum Tagungsgebäude gebracht und dort feierlich gehißt worden. Der Umweltklub, dies wurde deutlich, fordert nicht nur das Selbstbestimmungsrecht des Volkes innerhalb der Sowjetunion, sondern die Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Nicht alle 35 bundesdeutschen Teilnehmer kamen damit und vor allem mit den Provokationen gegenüber Moskau zurecht. Dabei ist klar, daß die grüne Bewegung Lettlands versucht, von den Bindungen der Exilletten wegzukommen, die mit Leuten wie Hans Graf Huyn, dem ostpolitischen Sprecher der CDU, oder mit Heinrich Lummer zusammenarbeiten.

Nachdem die regionale Miliz zwar am Tagungsort Stellung bezogen hatte, aber dann den Einsatz verweigerte, konnte das Umweltmeeting doch noch ungestört abgewickelt werden. Schließlich hatten sich die Konferenzteilnehmer außer ihrer Anwesenheit nichts zuschulden kommen lassen.

Insgesamt verlief das Treffen keineswegs stromlinienförmig wissenschaftlich. Im Vordergrund standen vielmehr die menschlichen Beziehungen. So war denn auch die Johannis -Nacht, das große Sonnenwendfest, der eigentliche Höhepunkt. Inhaltlich wurde ein Arbeitspapier formuliert, das die gemeinsamen Ziele der Umweltgruppen festklopft. „Nach unseren grünen Kriterien besteht kein Unterschied in der Wachstumsideologie in Ost und West“, heißt es darin. Unterstützt werden die lettischen Umweltschützer demnächst durch ein Wasser- und Lebensmittellabor von ihren westdeutschen Kollegen.