Flughafen-Anrainer fordern Umsiedlung

■ Startbahnverlängerung: Kein Vertrauen in Behörden-Versprechungen

Die öffentliche Erörterung der geplanten Startbahnverlängerung des Bremer Flughafens um 600 Meter hatte gestern morgen gerade begonnen, da drohte sie schon wieder zu platzen. Stuhrs grüner Bürgermeister Kryno Meinken hatte einen Befangenheitsantrag gegen den Leiter des Planfeststellungsverfahrens im Regierungs-Bezirk Hannover, Zöllner, gestellt. Zöllner habe sich schon vor Monaten in einer internen Sitzung der Bremer Fluglärmkommission vehement auf die Seite der Pistenbefürworter geschlagen, so Meinkens Begründung für den Befangenheitsantrag, eine unabhängige Leitung des Verfahrens sei von ihm nicht zu erwarten. Der gerade erst eröffnete Erörterungstermin, zu dem gut 50 Flughafen-Anlieger in ein Restaurant nach Stuhr -Moordeich gekommen waren, mußte unterbrochen werden.

Doch schon eine viertel Stunde später kehrte Zöllner auf den Vorsitzenden-Platz zurück. Sein Chef, Regierungspräsident Jakob, habe entschieden, daß auch ein Beamter, der ein Planfeststellungsverfahren leitet, „durchaus eine Meinung zum Gegenstand der Erörterung haben darf“.

„Hier sollen Bürger durch Juristen ausgetrickst werden“, entfuhr es daraufhin einem älteren Stuhrer. Mit Applaus unterstrich die Versammlung, daß sie das Mißtrauen gegenüber den Behördenvertretern teilt. Immer wieder bezweifelten AnwohnerInnen vor allem, daß es tatsächlich bei der von Stuhr und Bremen gemeinsam versprochenen Beschränkung der neuen Piste auf den Abtransport der bei MBB produzierten Airbus-Flügel bleiben wird. „Der Vertrag über die Nutzungsbeschränkung ist auf unendliche Zeit geschlossen, außerdem geht der entscheidende Passus auch in die Planfeststellung ein“, versuchte der Vertreter des Hafensenators, Freitag, die Befürchtungen zu entkräften mit wenig Erfolg. „Ich wette mit ihnen, in zwei Jahren wird die neue Startbahn jeder benutzen. Die Lufthansa bereitet jetzt schon eine Klage vor“, entgegnete ein Anlieger unter Applaus. Und sein Nachbar hatte für die juristischen Erläuterungen des Beamten nur ein hämisches „Tintenpisser“ übrig.

Mitten in der Versammlung saß auch der frühere grüne Bürgerschaftsabgeordnete und Anwalt Axel Adamietz. Mit der Glaubwürdigkeit staatlicher Versicherungen in Sachen Startbahn hat vor allem einer seiner Mandanten im Osten des Flughafens schlechte Erfahrungen gemacht. In einer Grundbucheintragung wurde dem Bauern Wähmann zugesichert, daß Felder, die die Flughafen-GmbH ihm gerne abgekaufen wollte, nicht zur Pistenverlängerung genutzt werden dürfen. Doch genau über seinen ehemaligen Feldern soll nun ab Ende 1990 der „Super-Guppy“ Schwung holen zum Abtransport der Airbus-Flügel. Wähmann, der sich weigert, seine damals erworbenen Rechte zu verkaufen, soll enteignet werden.

Damit es den Flugplatz-Anliegern in Stuhr nicht einmal ähnlich ergeht, forderten sie gestern eine Selbstverpflichtung der Stadt Bremen, sie im Falle einer vollen Nutzung der neuen Piste bei voller Entschädigung umzusiedeln. „Kaisen hätte es so gemacht“, sagte ein Anlieger.

Ase