Apartheid unter gutem Stern

Kritische Aktionäre: Ohne Daimler steht Pretorias Armee still  ■  Aus Berlin Ulli Kulke

Ausgerechnet der Konzern unter der Führung des Sozialdemokraten Edzard Reuter ist es, von dem das Rassistenregime in Südafrika besonders abhängt: „Wenn es überhaupt eine internationale Gesellschaft gibt, die die Armee im Apartheid-Staat treffen kann, dann ist es Daimler Benz“, erklärte Abdul Minty, Direktor der Weltkampagne gegen militärische und nukleare Zusammenarbeit mit Südafrika am Vortag der Jahreshauptversammlung des Automobil- und Rüstungskonzerns in Berlin. Daimlers kritische Aktionäre hatten ihn als Kronzeugen nach Berlin geladen, um auf die Rüstungslieferungen und Lizenzvergaben für militärische Güter hinzuweisen.

Vor allem die Lieferung von Unimogs durch Daimler, mit denen sich die südafrikanischen Militärs durchs Land bewegen, wird von den kritischen Aktionären aufs Korn genommen. Ein führender Mitarbeiter des Hauses habe erst im Frühjahr bestätigt, daß die Verkäufe auch im Geschäftsjahr 1988 weitergelaufen seien, auch wenn dies über Zwischenhändler ablaufe. Darüber hinaus laufe jedoch vor allem ohne die in Lizenzvergabe vor Ort produzierten Daimlerteile beim Militär Pretorias nichts: „Motoren, Achsen, Getriebe, Lenkungs- und Transmissionssysteme werden serienmäßig in gepanzerte Fahrzeuge der Armee eingebaut. Seit 1978 - seit der Daimler-Benz-Lizenzvergabe für die Produktion von Dieselmotoren an die halbstaatliche südafrikanische Firma Atlantis Diesel Engines (ADE) - sind Produkte von Daimler Benz integraler Bestandteil der Rüstungsstrategie der südafrikanischen Regierung geworden“, heißt es in einer Presseerklärung der kritischen Aktionärssprecher.

Die Regierung in Pretoria habe diese Firma seinerzeit mitbegründet, um das Rüstungsembargo der Vereinten Nationen von 1977 zu umgehen. Fast alle Fahrzeuge der südafrikanischen Streitkräfte würden daher heute mit Daimler -Motoren betrieben, und „trotz internationaler Proteste hat Daimler-Benz im Jahr 1988 die Lizenz um weitere fünf Jahre verlängert“.

Die Opposition unter den Anteilseignern weist darauf hin, daß es sich dabei „um direkte Verstöße gegen die Resolution 418 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen von 1977, dem Rüstungsembargo der UN, handelt“, wobei die Bonner Regierung seinerzeit Mitglied des Rates war und der Resolution zugestimmt habe.

Die Konzernleitung hat zwar bislang stets darauf verwiesen, daß die Lieferungen über Zwischenhändler wie auch die Lizenzvergabe nicht gegen bundesdeutsche Gesetze verstoße. Die kritischen Aktionäre betonten jedoch, daß die Bundesrepublik zur Einhaltung völkerrechtlich verbindlicher Bestimmungen verpflichtet sei, wie auch der Parlamentarische Staatssekretär Würzbach im vergangenen Jahr versichert habe, daß Bonn die Bestimmungen des Rüstungsembargos anerkenne.