Die Apartheid zeigt ihre Fratze

■ Revision der Todesurteile gegen die „14 von Upington“ vom Obersten Gerichtshof abgelehnt

Am gleichen Tag, an dem Norbert Blüm bei Präsident Botha vergeblich um Gnade für zum Tode Verurteilte bat, wurde ein Revisionsverfahren für 14 Todeskandidaten abgelehnt. Der Arbeitsminister, der gestern seine Südafrikareise beendet hat, weckte zwar „in seiner Eigenschaft als Mensch“ - so der SPD-Abgeordnete Günter Verheugen - Hoffnungen. Doch die Doppelstrategie Bonns gegenüber dem Apartheidstaat bleibt: Bonn ist gegen Apartheid, aber für lukrative Geschäfte mit den Rassisten.

Die „14 von Upington“, die am 26.Mai für den gemeinschaftlichen Mord an einem schwarzen Polizisten zum Tod verurteilt wurden, können gegen das Urteil nicht appellieren. Der Oberste Gerichtshof in Kimberley, 800 Kilometer südwestlich von Johannesburg, lehnte am Dienstag den Revisionsantrag der 13 Männer und einer Frau und ihrer zwölf wegen Mordes oder versuchten Mordes zu langen Haftstrafen verurteilten Mitangeklagten ab. Nur einer der zum Tode verurteilten Schwarzen hatte den Polizisten tatsächlich ermordet. Die anderen waren Mitglieder einer protestierenden Menschenmenge von 300 Personen, die im November 1985 gegen unhaltbare Lebensbedingungen im Schwarzenghetto Paballelo bei Upington in der nördlichen Kapprovinz protestiert und den Polizisten angegriffen hatte. Ihnen wurde vorgeworfen, die „gemeinsame Absicht“ zum Mord gehabt zu haben. Das genügt im Apartheidstaat, um sie zum Tod durch Erhängen zu verurteilen.

Die Ablehnung der Revision kam nur wenige Stunden, nachdem Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, der sich auf einer viertägigen Südafrikareise befand, beim südafrikanischen Staatspräsidenten Pieter W. Botha gegen die Urteile im Falle der „14 von Upington“ protestiert hatte. Blüm wurde von Botha schroff an Justizminister Kobie Coetsee weiterverwiesen. Nach einem kurzen Gespräch mit Coetsee sagte Blüm am Dienstag nachmittag, daß Todesstrafen in Südafrika „weltweit ungeheure Erregung erzeugen“. „Die 14 von Upington sind keine Mörder, sondern nur Leute, die am Ort einer Straftat zugegen waren“, sagte Blüm. Er habe den Minister gewarnt, daß die Todesstrafen, die in Südafrika ausgesprochen würden, „dem Land keine Freunde schafften“.

Richter Jan Basson hatte am Dienstag alle von der Verteidigung angeführten Gründe für einen Revisionsprozeß abgelehnt. Einer der Anwälte der 14, Andy Durbach, sagte, der Vorsitzende Richter Jan Basson habe die 30 von den Anwälten vorgebrachten Argumente in ihrer Gesamtheit abgelehnt und keine triftige Begründung für die Ablehnung des Revisionsantrags gestellt. Basson selbst sagte am Dienstag, der „wichtigste Punkt ist, ob eine Revision Aussicht auf Erfolg hat. Meiner Meinung nach besteht eine solche Erfolgsaussicht nicht.“

Verteidiger Ian Farlam hatte behauptet, daß das Gericht falsch entschied, als es jeden, der einen Stein auf das Haus des Ermordeten geworfen hatte, der Absicht zum Mord bezichtigte. Zudem kritisierte die Verteidigung die Aussagen von zwei wichtigen Zeugen der Anklage. Doch schon im Prozeß hatte der Richter bewiesen, daß von ihm keine Milde zu erwarten ist. Die Verteidigung hatte versucht, mildernde Umstände für die Angeklagten geltend zu machen. Dazu gehören die sozialen Zustände in Upington, einer weißen Stadt, in der Schwarze noch „Kaffern“ genannt werden. Die Arbeitslosigkeit in Paballelo liegt weit über 30 Prozent, und mehr als 90 Prozent der wenigen, die Arbeit finden, verdienen weniger als das Existenzminimum. Der Tod des Polizisten erfolgte nach einer Protestversammlung gegen zu hohe Mieten in Paballelo.

Der Fall der „14 von Upington“ ähnelt in vieler Hinsicht dem der „sechs von Sharpeville“, die 1985 für den Mord an einem schwarzen Stadtrat im Gefolge anhaltender Mietproteste ebenfalls zum Tode verurteilt wurden, obwohl keiner von ihnen den Mord direkt verübt hatte. Die sechs wurden letzten November nach heftigen internationalen Protesten begnadigt. Statt gehenkt zu werden, müssen sie nun lange Haftstrafen verbüßen.

Blüm hatte in seinem Gespräch mit Botha auch versucht, dem Staatspräsidenten eine Liste mit den Namen der Todeskandidaten, die im Zentralgefängnis von Pretoria aufdie Hinrichtung warten, zu übergeben. Botha hatte das als „Unhöflichkeit“ verurteilt und die Annahme der Liste verweigert. Zur Zeit warten mehr als 200 Menschen auf ihre Hinrichtung. Allein in diesem Jahr wurden bisher mehr als 20 Menschen gehenkt, 1987 wurde das Urteil 164mal vollstreckt.

Hans Brandt, Johannesburg