Angola-betr.: "Dosenbier als Währungseinheit", taz vom 24.6.89

betr.: „Dosenbier als Währungseinheit“, taz vom 24.6.89

Knut Pedersen, Reiseschreiber und Afrikaexperte, schlägt wieder zu und hat seine ganze Palette von Anführungszeichen parat. Savimbi begeht „Kriegsverbrechen“ und die MPLA-Führer sind „marxistische Diktatoren“. Ganz überparteilich -objektiver Sittenrichter, verabreicht er MPLA und Unita Ohrfeigen.

Angola ist - das meint Pedersen - völlig im Eimer. Und wer ist der Schuldige? Der Bürgerkrieg. Und wer hat den vom Zaun gebrochen? MPLA und Unita. Ist das nicht schön für die alten und neuen kolonialen Mächte, daß sie nicht mehr in der Schußlinie stehen?

In Angola haben die Schwarzen die Kolonialisten unter vielen Opfern hinausgeworfen. Und als sie dann unabhängig wurden, gaben hegemoniale Mächte wie USA und Südafrika noch lange nicht auf. Was auf der Oberfläche als Bürgerkrieg erscheint, ist ein Interventions- und Revolutions -Nachfolgekrieg. Sicher kann sich Pedersen nicht vorstellen, wie teuer die bezahlen müssen, die gegen den Kolonialismus kämpfen. Seine Nation brach den Zweiten Weltkrieg vom Zaun, und dennoch wurde es ihr erlaubt, zehn Jahre nach Kriegsende ins Wirtschaftswunder einzusteigen, als reiches Bollwerk gegen das Böse. So ein bißchen Faschismus kann wohl auch leichter verziehen werden als Antikolonialismus - oder?

Pedersen zitiert mit seinem ersten Satz einen Portugiesen: „Die Nelken-Revolution der Offiziere in Portugal hat die Blumen aufs Grab Angolas geworfen.“ Da haben wir die Dolchstoß-Legende - nicht die Schwarzen, sondern die kriegsmüden Kolonialsoldaten haben Angola entkolonialisiert. (...)

H.Junge, Hamburg