Hilfe für Polen - jetzt

Andreas von Bülow, SPD, über die Polenpolitik der Bundesregierung und die Angst vor den „Republikanern“  ■ I N T E R V I E W

taz: Der Bundeskanzler verschiebt seine Reise, der Bundespräsident soll nicht nach Polen, in Warschau ist man irritiert über die Deutschen. Dabei bräuchte Polen gerade jetzt, unter dem Eindruck der gravierenden Wirtschaftskrise, Hilfe aus dem Westen. Woran hakt es denn in der Polenpolitik?

Andreas von Bülow: Das, was die Bundesregierung von polnischer Seite in der Vergangenheit immer wieder gefordert hat, ist in der Tat weitgehend erfüllt worden bzw. auf dem Weg dazu. Das aber, was die Bundesregierung beibringen sollte, Hermeskredite und Hermesbürgschaften, wird herausgezögert. Mir scheint, das geschieht nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus politischen Gründen. Der rechtsradikale Schwanz der „Republikaner“, noch durch die CSU verstärkt, wackelt mit der Regierung.

Soll es zu keiner Versöhnung mit Polen kommen?

Es geht nicht einmal um die Versöhnung, es geht schlicht um die Finanzen. Die CSU und der Finanzminister haben Angst vor den „Republikanern“, und die werden dagegen mobilisieren, wenn deutsche Kredite oder gar Steuergelder an Polen vergeben werden.

Also keine müde Mark für die „Polacken“.

So ungefähr, das alte rechtsradikale Denken, diese alte Vorurteilswelt besteht noch in diesen Kreisen und wird in die Bonner Landschaft hineingetragen. Sonst wäre die Pöbelei gegen den Besuch des Bundespräsidenten, der natürlich am 1.September nach Polen gehört und auch gerne reisen würde, nicht zu verstehen. Intern schütteln CDU-Leute ihren Kopf über das, was passiert.

Gibt es aber nicht auch ein anderes Argument. Polen sei ein Faß ohne Boden, heißt es auch aus Finanzkreisen, die eigentlich politisch nicht diesen Vorurteilen anhängen.

Es ist natürlich in Polen außerordentlich schwierig, einen Demokratisierungsprozeß in eine Wirtschaftsdepression hineinzuorganisieren. In Ungarn, Polen und der Sowjetunion herrschen natürlich auch darüber Illusionen, was der Westen machen kann. Aber man könnte überlegen, von Pauschalkrediten abzugehen und konkrete Projekte zu unterstützen, die die Exportchancen des Landes vergrößern.

Was kann die Opposition in bezug auf die Polenpolitik tun?

Die innenpolitische Souveränität der Bundesregierung kann nur durch die Bundesregierung selbst hergestellt werden. Einzelne Bundesländer können in bescheidenem Rahmen ihre Kontakte entwickeln. Doch die Bundesländer können nicht die Kompetenz des Bundes übernehmen.

Interview Erich Rathfelder