Klammheimlicher Bettenabbau?

■ Aufgrund einer Verfügung der Gesundheitssenatorin soll das chirugische Bettenhaus im Rudolf-Virchow-Krankenhaus geschlossen werden / AL vermutet ersatzlose Streichung von 241 Krankenhausbetten

Klammheimlich durch die Hintertür sollen vermutlich 241 Krankenhausbetten durch die Räumung des chirurgischen Bettenhauses im Rudolf-Virchow-Krankenhaus ersatzlos gestrichen werden. Dies befürchtet zumindest die gesundheitspolitische Sprecherin der Alternativen Liste, Gisela Wirths. Wenn laut Verfügung der Gesundheitssenatsverwaltung des Bettenhaus am 7.Juli 1989 geschlossen wird, werden die bislang dort ansässigen Stationen in den übrigen Klinikbereich verlagert allerdings in reduzierter Form.

Die Zahl der verfügbaren Betten schrumpfen dann von 777 auf 536, allein im Bereich Innere Medizin fallen vermutlich 87 Betten weg. Eine derartige Entscheidung will die AL-Fraktion jedoch nicht mittragen, zumal die nötige Ersatzversorgung weder im Bereich Wedding noch in anderen Bezirken gesichert sei.

Die Räumung des chirurgischen Bettenhauses hatte die Gesundheitsverwaltung veranlaßt, da die durch die erforderliche Gebäudesanierung anfallende Lärm- und Schmutzbelästigung den Kranken und dem Personal nicht zuzumuten sei. Das erst zu Beginn der sechziger Jahre errichtete Bettenhaus muß nach Auskunft des Senats -Krankenhausabteilungsleiters Nieveling rundum stützsaniert werden, um die „Standessicherheit des Gebäudes zu gewährleisten“. Eine „Softerneuerung in kleinen Schritten“, wie die Alternative Liste es fordert, sei laut Nieveling deshalb nicht möglich.

Daß der mit der Verlagerung verbundene Seitenabbau dem noch vom alten Senat verabschiedeten Krankenhausplan entgegenkommt, wonach bis zum Jahre 1992 1.200 Betten gestrichen werden sollen, das muß auch Nieveling einräumen. Unter dieser Prämisse sei aber die Entscheidung, das Bettenhaus zu schließen, niemals getroffen worden.

Doch auch der Personalrat des Rudolf-Virchow-Krankenhauses kann dies nicht recht glauben. Reinhard Matull vermutet in der „Sorge um Patienten und Beschäftigte ein willkommenes Argument des Wissenschaftssenats, die Errichtung des Universitätsklinikums möglichst schnell voranzutreiben“. Denn wenn die Sanierung Ende 1991 abgeschlossen ist, soll das Haus direkt nach der Zielvorgabe des neuen Klinikums belegt werden.

Die für den 7.Juli verfügte Räumung kann möglicherweise um ein bis zwei Wochen hinausgeschoben werden. Somit wird nach Auskunft des Verwaltungsleiters Motzkus auch die erwogene Beschwerde der Klinikumsleitung auf Aufschub hinfällig. Den Befürchtungen von Personalrat und Alternativer Liste will Motzkus sich nicht anschließen. „Sowohl bezirklich wie auch berlinweit sind genügend Betten vorhanden, so daß es nicht zu Engpässen in der Krankenhausversorgung kommen kann.“ Als „äußerst glücklich“ bezeichnete es Motzkus, daß durch die Schließung wieder Pflegekräfte für andere Stationen zur Verfügungen stünden. Aber auch in anderen Bereichen würde „niemand entlassen“.

Als „einziges Problem“ bezeichnet Motzkus die zukünftige Versorgung der 68 chronisch Kranken, die zur Zeit noch im chirurgischen Bettenhaus untergebracht sind. Daran entzündet sich, neben der AL-Fraktion, nun auch der Unmut der SPD gegenüber der Senatsentscheidung. SPD-gesundheitspolitischer Sprecher, Reinhard Ross, bezeichnete gestern die Schließung als „überstürzt“. Eine derartig drastische Maßnahme könne ohne Auffangmöglichkeiten nicht durchgeführt werden, besonders für die chronisch Kranken müsse eine angemessene Versorgungsmöglichkeit gefunden werden, damit diese im Virchow-Krankenhaus nötige Akutbetten nicht blockierten.

Auf der nächsten Sitzung des Errichtungskuratoriums, das über den Verlauf des Umbaus zum Universitätsklinikum entscheidet, will der Senat eine Vorlage einbringen, welchen Umfang die aus dem Bettenhaus zu verlagernden Stationen künftig haben sollen. Sollte der Senat bis dahin keinen verbindlichen Nachweis erbringen, wohin die chronisch Kranken verlegt werden können, will Ross, der als SPD -Vertreter im Errichtungskuratorium sitzt, dieser Vorlage nicht zustimmen.

Martina Habersetzer