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Castro in der Koksaffäre auf der Flucht nach vorn

■ Kubanische Offiziere scheffelten mit Kokain 3,4 Millionen Dollar / Langjährige Vorwürfe der USA bestätigt / Korruption bestimmt Kubas Alltag / Castro könnte die Affäre zum Abrechnen mit politischen Gegenspielern und zum Aufpolieren seines Rufs in der UdSSR und den USA nutzen

Havanna (afp/ips/taz) - Westlicher High-Tech nach Kuba, Kokain in die USA - so dürfte der Coup ausgesehen haben. „Kubagate“, wie die Affäre hämisch bereits genannt wird, scheint noch für einige Überraschungen gut sein: Nachdem schon am Sonntag ein militärisches Ehrengericht den hochdekorierten General Arnaldo Ochoa aus der Armee entließ und ihn einem Kriegsgericht übergab, mußte Donnerstag nun auch Kubas Innenminister General Jose Abrahantes im Zusammenhang mit dem Drogenschmuggelskandal seinen Hut nehmen. Staats- und Parteichef Fidel Castro warf ihm „schwere Mängel“ bei der Leitung seines Ministe riums vor.

Die Enthüllungen um die Verwicklungen hoher Militärs in den Kokainhandel sind zu dem größten Skandal in der 30jährigen Geschichte der kubanischen Revolution ausgeartet. Alles begann am 15.Juni, als Innenminister Raul Castro in einer Rede vor 1.200 Offizieren General Arnaldo Ochoa, den „Kriegshelden“ und Oberbefehlshaber der inzwischen abgezogenen kubanischen Truppen in Angola, des Kokainschmuggels bezichtigte. Ochoa selbst war am 12.Juni zusammen mit seinen vermeintlichen Komplizen Brigadegeneral Antonio de la Guardia und dessem Zwillingsbruder Oberst Antonio de la Guardia verhaftet worden. Die Vorwürfe: Unter der Leitung la Guardias, so das Parteiblatt 'Granma‘, hätten die hohen Offiziere seit 1987 in Zusammenarbeit mit dem Chef des kolumbianischen „Medellin-Kartells“, das einen Großteil der weltweiten Kokainproduktion vertreibt, sechs Tonnen Kokain in die USA geschmuggelt und damit 3,4 Millionen Dollar in die eigenen Taschen gewirtschaftet. Die Infrastruktur für den großangelegten Coup stand den La -Guardia-Brüdern zur Verfügung: Antonio leitete seit 1982 die hochgeheime „Abteilung Z“ im Innenministerium. Die Aufgabe dieser inzwischen in „MC“ umgetauften Abteilung war es, US-amerikanische Güter nach Kuba zu schaffen und so die Wirtschaftsblockade zu unterlaufen.

Es ist Fidel Castro sicherlich nicht leichtgefallen, die Enthüllungen über „Kubagate“ an die Weltöffentlichkeit zu geben. Schließlich beschuldigten die USA Kuba schon seit Anfang der achtziger Jahre, in den Kokainhandel verwickelt zu sein. Der „Maximo Lider“ Fidel Castro wollte davon nie etwas wissen. Mehr als der Drogenschmuggel selbst erregte denn auch Castros peinliches Eingeständnis internationales Aufsehen. Unwahrscheinlich scheint, daß Castro in den ganzen Jahren nichts von dem Kokainhandel gewußt haben sollte - wo der gewiefte Taktiker und Politiker doch seit 30 Jahren sein Land und seine Partei fest in der Hand hat. Seit Tagen rätseln Kubakenner nun über die Gründe, die Fidel Castro zu den Enthüllungen bewegt haben könnten. Möglicherweise hatte er keine Alternative: Tage vor den Verhaftungen, so die spanische Tageszeitung 'El Pais‘, sei ein Konto in Panama aufgeflogen - mit 200.000 Dollar aus obskuren Machenschaften auf den Namen eines Adjutanten Ochoas. Ein gefundenes Fressen für die seit Jahren nach Beweismaterial zum Kokainhandel in Kuba fahndenden US-Behörden. Angesichts der Gefahr einer internationalen Blamage habe Fidel Castro die Flucht nach vorn ergriffen.

Die Korruption in Kuba hat bedrohliche Ausmaße angenommen. 80 Prozent aller Verfahren in der Hauptstadt Havanna drehen sich um Wirtschaftsvergehen und Korruptionsdelikte. Zudem wächst unter der Bevölkerung der Unmut über eine Funktionärsschicht, die alle sonst für die Touristen vorbehaltenen Privilegien genießt: Sie darf in den Ausländerläden einkaufen, Dollars besitzen und eigene Autos fahren. Castros Enthüllungen könnten dazu gedient haben, die mißmutigen Leute zu beruhigen und den festgefahrenen Korruptionsstrukturen den Kampf anzusagen.

Der 62jährige Castro bemüht sich seit der Machtübernahme George Bushs zunehmend um bessere Beziehungen zu den USA. Da kann die Aufdeckung des Kokainskandals nur von Vorteil sein. Außerdem dürfte auch der Sowjetunion die Korruption in Kuba ein Dorn im Auge sein; schließlich unterstützt sie den Inselstaat jährlich mit rund vier Milliarden Dollar. Die kubanische Opposition im Exil tippt dagegen eher auf interne Machtquerelen. Arnaldo Ochoa sei ein regimekritischer General gewesen, den Castro aus dem Weg räumen wollte.

C.K.

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