Unbekümmerte Songs

■ Die New Bohemians begeisterten trotz Edie Brickell

Wer an diesem Samstagabend einigermaßt pünktlich ins Modernes gekommen war, der hatte den Anfang bereits verpaßt: die als Vorgruppe verplichteten Blue Rodeo aus Kanada. Aber die Mehrzahl der Leute im gut gefüllten Saal, darunter auch eine Reihe US-Boys, waren wohl primär wegen des Hauptacts gekommen: Edie Brickell und New Bohemians aus Dallas/Texas. Kein neuer Country-Star, wie man aus der Herkunft kurzschlüssig folgern könnte, sondern der jüngste shooting star aus jener Garde weiblicher singer/songwriter, die in den letzten Jahren in Mode gekommen sind. Mit ihrem Album „Shooting Rubberbands At The Stars“ hat Edie Brickell in den letzten Monaten sowohl jenseits als auch diesseits des großen Teichs beachtliche Erfolge erzielen können, und so wurde ihr auch in Bremen von Beginn an ein enthousiastischer Empfang beschert.

Was Edie Brickell von solchen Kolleginnen wie Suzanne Vega, Tracy Chapman, Michelle Shocked oder Tanita Tikaram unterscheidet: Sie hat mit den „New Bohemians“ Musiker im Rücken, deren Beitrag deutlich über den von reinen Begleitmusikern hinausgeht. Vom ersten Titel an agierte das Quartett außerordent

lich eindrucksvoll und rockig, ab und zu vielleicht sogar einen tick zu laut, auf jeden Fall aber mit einer erkennbar eigenständigen Handschrift. Vielleicht liegt das daran, daß die Bohemians schon existierten, als Edie Brickell zu ihnen stieß.

Sie selbst singt überwiegend Dur-geschwängerte happy songs, denen ein entsprechender Konterpart durch Arrangements und Spielweise gut zu Gesicht steht. Und so erwies sich die manchmal recht widerborstige Arbeit der beiden Gitarristen Kenny Withraw und Wes Martin sowie der Beitrag der Rhytmusgruppe als spannungserhaltendes Element, das einer drohenden Gleichförmigkeit entgegenwirkte. Ohnehin überzeugten neben dem LP-Hit „What I Am“ am ehesten die etwas düsteren Titel wie „Air of December“ oder „Now“, weil sie eben deutlich aus dem gute-Laune-Charakter des Restes herausstachen.

Als Performerin agierte Edie Brickell, deren Stimme stark an Rickie Lee Jones erinnerte, zurückhaltend bis scheu, was manchmals ein wenig übertrieben kokett wirkte. Aber die Fans hatte auch so auf ihrer Seite. Auch die Gewohnheit, das Konzert schon nach gerade sechzig Minuten zu beenden, tat der Begeisterung

keinen Abbruch, und die MusikerInnen bedankten sich auch artig mit einer halben Stunde Zugaben.

JüS