Exxon-Akten im Computer gekillt

■ US-Bundesstaat Alaska bleibt lebendiger Beweis der Folgen der Ölkatastrophe

Berlin (taz) - Vorbei die Reißwolfaktionen wie zu Olli Norths besten Zeiten. Heutzutage kann man brisantes Material mit einem einfachen Tastendruck im Computer „killen“. So geschehen im Fall des Alaska-Verseuchers Exxon (Esso). Tausende von Dokumenten über das Kentern des Katastrophenkahns „Exxon Valdez“, der im März vor Alaska die schlimmste Ölkatastrophe in der Geschichte der USA verursachte, sollen von Verwaltungsangestellten des Konzerns vernichtet worden sein. Alle mehr als einen Monat alten Computeraufzeichnungen wurden sachgerecht überschrieben. Die Dokumente „waren nicht datiert und trugen auch nicht den Hinweis 'nicht vernichten'“, meinte ein Angestellter. Der Mann wurde dennoch entlassen. Wie der Unglückskapitän. Also mal wieder menschliches Versagen oder Kalkül? Ein US -Bundesgericht hatte Exxon nämlich verpflichtet, alle Aufzeichnungen, die mit der Katastrophe in Zusammenhang stehen, aufzubewahren. Auch die Kommunikation zwischen Exxon Shipping, dem Eigentümer des verunglückten Tankers, und den Verantwortlichen von Exxon USA ging über den Jordan.

Während in den Archiven das Großreinemachen ansteht, trägt Alaska das Kainsmal der Katastrophe. Selbst drei Monate nach Auslaufen von 42 Millionen Liter Rohöl sind immer noch 1.100 Kilometer Küste verseucht. Alle Mühen von 9.000 Arbeitern, 45 Ölsaugern, 60 Flugzeugen, 800 Schiffen und 200 Millionen Dollars: umsonst. Man rechnet mit 2,6 Millionen toten Vögeln, über die Auswirkungen auf den Fischfang wird noch geschwiegen, da die Fangsaison in vollem Gange ist. Der Konzern, der anfänglich lautstark verkündete, alles zur Wiederherstellung der Natur tun, verlegt seine Energien mittlerweile aufs Philologische: Stundenlang diskutieren Vertreter täglich mit örtlichen Behörden, was sauber denn nun überhaupt heiße und ob Reinigung der Natur nicht mehr schade als nutze...

Andrea Seibel