NRW-Grüne streiten um Kurs

„Landespolitische Erklärung“ soll Orientierung für Partei- und Wahlvolk liefern / Realos gegen linkes Forum / Paradoxe Rot-Grün-Diskussion / Schily kandidiert nicht für den Landtag / Christal Nickels Spitzenkandidatin?  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

„Die Grünen werden vor allem als Landtagsopposition gebraucht, damit ein ökologischer Klimawandel überhaupt möglich wird (...). Wenn nach den Landtagswahlen eine rot -grüne Mehrheit möglich wird, so können sich unsere Wählerinnen und Wähler darauf verlassen, daß wir eine Koalition mit der SPD anstreben.“ Es ist paradox. Während die Realos mit ganzen zwei Sätzen in einem sechsseitigen Papier die lange Zeit umstrittene Bündnisfrage abhandeln, sind es jetzt die Parteilinken, die mit Vehemenz gleich seitenlang die „rot-grüne Perspektive“ für Nordrhein -Westfalen feiern.

Im Papier des „linken Forums“, maßgeblich von MdB Eckhard Stratmann mitformuliert, steht die rot-grüne Vision im Zentrum: „Die rot-grüne Perspektive muß praktisch ab sofort von unten vorbereitet werden: in Verbänden, im Betrieb und auf der Straße.“ Zwar gibt es innerhalb des „linken Forums“ immer noch eine Strömung, die lediglich für eine Tolerierung plädiert, aber die Mehrheit ist offenbar fest zur Koalition entschlossen. „Opposition ist gut, Regierungseinfluß ist besser. (...) Die NRW-SPD ist keine Partei, die von sich aus eine ökologische und soziale Neuorientierung einleiten könnte. Diese Partei muß zu einem Kurswechsel gedrängt werden. Deshalb streben wir eine Regierungsbeteiligung in Form einer streitbaren Koalition an“, heißt es in dem Papier der Linken. Wer als Grünenwähler eine Regierungsbeteiligung wolle, müsse seinerseits das Risiko tragen, „daß es in einer rot-grünen Koalition funkt und kracht“. Ein Großteil des Papiers liest sich wie ein Stück Trauerarbeit. Es liegt nicht lange zurück, daß die meisten der Unterzeichner noch jede Form von Koalitionsaussage als schlichten Verrat an der grünen Sache brandmarkten.

Der Loske vom Landesvorstand fordert zunächst einmal „eine Vergesellschaftung der Grünen“ in NRW, denn „die Verankerung der NRW-Grünen im oppositionellen Milieu dieses Landes ist sehr schwach“. Ohne eine enge Zusammenarbeit werde es „die Grünen im Landtag NRW“ nicht geben. Weil wegen des Zweikampfes zwischen Blüm und Rau die Gefahr droht, daß von den Grünen im Wahlkampf kaum jemand Notiz nimmt, haben in den letzten Monaten immer wieder Versuche stattgefunden, durch Prominentenimport für Glanz auf der künftigen Landesliste zu sorgen. Vor einer Woche hat Otto Schily endgültig abgesagt. Weil Antje Vollmer ebenfalls nicht zur Verfügung steht, richten sich jetzt Hoffnungen auf die Bundestagsabgeordnete Christa Nickels. Entschieden wird über die Landesliste erst Ende des Jahres. Wenn die Partei Christa Nickels ganz laut riefe, würde sie es machen - sogar mit Lust.