„Jetzt hilft höchstens Streik“

■ Als das Zweitregister-Gesetz die „Zetagas“ erreichte / Ein Seemann berichtet hier bitte die gefaxte Karikatur

„Wenn die Kollegen nicht von Bord gegangen wären, hätten die Philippinos in der Messe auf dem Boden schlafen müssen“. Martin Begemann, 2. Offizier des Sloman-Neptun-Tankers „Zetagas“, war dabei, als das Gesetz über das zweite Schiffsregister am vergangenen Freitag auf der Reede vor Stade erstmals angewandt wurde. (vgl. taz vom 3.7.) Eine Hafenbarkasse kam gegen 16.30 Uhr längsseits, acht philippinische Matrosen, ihr Gepäck unterm Arm, kletterten an Bord, um die Stellen ihrer deutschen Kollegen einzunehmen, für ein Drittel der Heuer. Genau das sieht das Gesetz vor: die Beschäftigung von ausländischen Matrosen „zu Heimatheuern“. Ohne großes Aufsehen waren die sechs deutschen Seeleute mit dem Inspektor der Reederei in die Barkasse gestiegen. Kommt da Haß auf die Ausländer hoch? Martin Begemann: „Ja, sowas gibt es auch.“ Vorerst tun sechs auf anderen Schiffen der Reederei Dienst, doch wie lange? Über einen Sozialplan für die „teuren“ Seeleute wird bei der Reederei schon nachgedacht.

Inzwischen hat die „Zetagas“ die Elbe in Richtung auf den britischen Hafen Thees verlassen. Dort wird sie Flüssiggas laden und Kurs auf einen Hafen nehmen, den sie in den letzten Jahren sehr oft angesteuert hat: Richardsbay in Südafrika.

Die Bremer Traditionsreederei Sloman Neptun hatte bisher bei Seeleuten einen guten Namen. Verglichen mit anderen Betrieben war man bei Sloman gut aufgehoben, die Betriebsratsarbeit wurde vom Vorstand respektiert. Vor zwei Jahren setzte die Reederei einen „freiwilligen Heuerverzicht“ bei den Seeleuten durch, um die „Kostenstruktur des Betriebes zu verbessern“. Als die Besatzung der „Zetagas“ in der vergangenen Woche davon hörte, daß auf ihrem Schiff das zweite Register angewendet werden sollte, schickte sie ein Telex an den Vorstand und brachte ihren freiwilligen Heuerverzicht in Erinnerung vergebens. Am Freitagmorgen hing ein Zettel mit den Namen der sechs Seeleute am Schwarzen Brett.

Das Gesetz über das zweite deutsche Schiffahrtsregister ist nicht nur für die Zetagas gemacht“. Werner Krieger, Vorstandsmitglied bei Sloman Neptun und zuständig, nach eigenem Bekunden, „für die Flotte“, gibt sich nicht friedlich. Feste Pläne allerdings habe der Vorstand keine. Eines weiß Krieger genau: „Wir haben ordnungsgemäß und gesetzestreu gehandelt und haben keinen Grund, uns im Busch zu verstecken.“ Warum seine Reederei den Anfang gemacht hat? „Das war Pech“, sagt Krieger spontan. Aber andererseits: „Wir haben jahrelang davon geredet, wir hattes es voll drauf, und das Schiff war gerade da. Da haben wir gehandelt. Wir arbeiten nämlich zügig!“

Nach der Sommerpause will die SPD gegen das Zweitregister eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht in Gang setzen. Das bestätigte Hafensenator Konrad Kunick gegenüber der taz.

Für Seeoffizier Martin Begemann ist das ein schwacher Trost: „Ich glaube nicht, daß die jetzt geschaffenen Tatsachen rückgängig gemacht werden. Allenfalls durch einen Streik der Seeleute.“

mw