Von Rotaprint zur Müllabfuhr

■ Druckmaschinenhersteller Rotaprint meldet Konkurs an / Verkehrssenator Horst Wagner (SPD) bietet 400 Ersatzarbeitsplätze bei der Gasag und der BVG

Der Druckmaschinenhersteller Rotaprint ist pleite. Geschäftsführer Günther Mastalka informierte gestern zum erstenmal auf einer Betriebsversammlung die 420 Arbeiter und Angestellten über den Zustand des Weddinger Traditionsbetriebs. Mit über 30 Millionen Mark steht das Unternehmen bei den Banken in der Kreide. Dafür muß jetzt der Senat durch Bürgschaften geradestehen. Gestern wurde das Konkursverfahren beim Gericht beantragt.

Was ab heute mit den 420 Arbeitsplätzen passiert, ist ungewiß. Arbeitssenator Horst Wagner (SPD) erläuterte der Belegschaft sein Angebot, 400 offene Stellen in senatseigenen Betrieben mit Rotaprint-Mitarbeitern zu besetzen: bei der Müllabfuhr, der Gasag und der BVG. Die Begeisterung bei den Arbeitern hielt sich in Grenzen. Viele

-insbesondere ältere - Facharbeiter wollen sich nicht zum Busfahrer umschulen lassen. Sie fordern den Erhalt ihrer Arbeitsplätze im Druckmaschinenbau.

Der Betriebsratsvorsitzende Werner Krüger verwies auf ein Konzept der Forschungsgemeinschaft für Außenwirtschaft, Struktur- und Technologiepolitik (FAST), wonach der Senat in die marode Firma einstiege: Eine Auffanggesellschaft soll durch eine verringerte, dafür aber spezialisierte Produktion den Laden wieder flott kriegen. 300 Arbeitsplätze könnten so gerettet werden. Eine Beschäftigungsgesellschaft bildet die restlichen Arbeiter im Rotaprint-Werk weiter und erhöht dadurch deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Kosten hierfür müßte das Arbeitsamt zahlen.

Aus dem Hause des Wirtschaftssenators wurde aber bereits abgewunken. „Das ist nicht machbar, da wird gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen“, sagte der Sprecher beim Wirtschaftssenator, Wolfgang Heinze, heute auf Anfrage: „Da würden Unsummen von Steuergeldern zur Disposition gestellt, ohne daß ein Erfolg absehbar wäre.“

Der erste Bevollmächtigte der Berliner IGMetall, Manfred Foede, unterstellte Rotaprint einen gezielten Konkurs. 8.000 in Berlin hergestellte Druckmaschinen stehen in den USA auf Halde. Der Vertrieb läuft nur schleppend oder gar nicht. Aber mit der Option auf den US-Markt wurden dem Unternehmen 1986 neue Kredite mit Senatsbürgschaften gewährt. Die Zinsbelastung, die Abfindung und die Pensionsansprüche von Altgesellschaftern sind enorm. Nach Foede käme den neuen US -Gesellschaftern ein Konkurs von Rotaprint recht: Die Maschinen in den USA könnten verkauft, das technische Know -how in das Werk Königslutter gerettet werden. Der Klotz am Bein mit den Schulden käme unter den Hammer.

Angeschmiert sind auf jeden Fall die Arbeiter und Angestellten bei Rotaprint. Die Junigehälter werden nicht mehr ausgezahlt. Es muß jetzt eine Bank gefunden werden, die für das Arbeitsamt in Vorlage tritt. Konkursausfallgelder werden erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens gewährt. Aber ob das Konkursverfahren nicht „mangels Kasse“ abgewiesen wird, bleibt abzuwarten.

Rainer Wernicke