Fußball gegen Fußball

■ Privat-TV offensiv: RTL plus Sportsendung „Anpfiff“ samstags künftig in direkter Konkurrenz zur ARD Sportschau

Für Bernd Schiphorst, den Geschäftsführer der UFA, ist „eigentlich alles klar“, ZDF-Sportchef Karl Senne „kann das nicht dementieren“, und Klaus-Werner Schulz von der ARD -Sportkoordination besteht vorsichtshalber darauf, daß es „noch keinen unterschriebenen Vertrag gibt“.

Aber so viel ist klar: die Hersteller von Videorekordern dürfen frohlocken, und Fußballfans sollten vor Beginn der neuen Saison ein Trainingslager für die Perfektionierung im Umgang mit der Fernbedienung besuchen.

Mit Beginn der neuen Bundesligasaison am 29.Juli nämlich werden die ARD-Sportschau und Anpfiff auf RTL plus in direkter Konkurrenz gegeneinander antreten. Beide Sender können dann am Samstag ab 18.20 Uhr mit der Übertragung von Bundesligaspielen beginnen. Die Sportschau wird weiterhin bis 19 Uhr senden, Anpfiff eine Stunde länger.

Bewegung in die Fußballberichterstattung war im vergangenen Jahr gekommen, als die Bertelsmann-Tochter UFA beim Deutschen Fußball Bund die Übertragungsrechte für die Bundesliga erwarb. Für eine Laufzeit von drei Jahren zahlte die UFA 135 Millionen an den DFB. Damit war das in Jahrzehnten eingespielte Schema gesprengt: in der Sportschau die drei wichtigsten Spiele, im Aktuellen Sportstudio die Nachlese.

Neu ins Spiel kam der Privatsender RTL plus, an dem die UFA mit 38,9 Prozent beteiligt ist. Mit Beginn der letzten Saison entstand ein kaum noch übersichtliches Gerangel zwischen ARD, ZDF und RTL um die Verteilung der Spiele. Die ARD-Sportschau berichtete von 18.20 Uhr bis 19 Uhr, Anpfiff auf RTL von 19 bis 21.15 Uhr und das ZDF im Aktuellen Sportstudio am späten Abend. Dabei konnte es sogar passieren, daß das Spitzenspiel des Tages erst spät im ZDF zu sehen war.

Wer der Gewinner der diesjährigen Verhandlungsrunde ist, die „im Gegensatz zum Vorjahr sehr ruhig und professionell“ (Schiphorst) gelaufen sei, wird sich wohl erst in einigen Wochen zeigen. RTL ist also in die Offensive gegangen. „Die totale Fußball-Show“, die bislang erst um 19 Uhr begann, hatte im Kampf um die Einschaltquoten gegen das Abendprogramm der öffentlich-rechtlichen Sender beharrlich den kürzeren zog. Für Dr.Thoma, den Intendanten von RTL plus, ist die direkte Konkurrenz zweier Bundesligasendungen zwar „nicht der Weisheit letzter Schluß“, angesichts der „grausamen Einschaltquoten“ (Karl Senne) blieb den Privaten aber wohl keine andere Wahl.

Manövriermasse bei der diesjährigen Verhandlungsrunde waren auch die auf Freitag vorgezogenen Bundesligaspiele. Hier wird die ARD gar nicht mehr in Erscheinung treten. Dafür gibt es an diesem Tag auf RTL plus eine neue, einstündige Sendung, die ab 22 Uhr beginnen kann. Das ZDF darf als Resteverwerter ebenfalls über die Freitagsspiele berichten, allerdings erst, wenn sie bei RTL bereits gelaufen sind. Dafür streicht RTL den Sport wieder aus seinem Sonntagsprogramm. Die Sendung Finale wird eingestellt.

Die Entscheidung von RTL gegen die Sportschau, diesen Eckpfeiler bundesdeutscher Mediengeschichte, direkt anzutreten, findet ein milde lächelnder Karl Senne „sehr, sehr mutig“. Anpfiff wird seinen Geldgebern beweisen müssen, daß es mit den teuer erkauften Übertragungsrechten auch etwas zu verdienen gibt.

Der UFA-Vertrag läuft noch zwei Jahre, dann wird Bilanz gezogen, und, so Dr.Schulz von der ARD, „es wäre ja nicht das erste Mal, daß Bertelsmann ein ganzes Marktsegment wegen Unrentabilität aufgibt“. Auch Karl Senne gibt sich gelassen: „Das kennen wir beim ZDF noch aus eigener Erfahrung. Bei uns ist der Sport in der Anfangsphase auch als Zugpferd benutzt worden. Aber wenn die Zugpferde erst mal ihre Arbeit getan haben, bekommen sie weniger Hafer.“

Christoph Biermann