Nach dem großen Krach

■ Eine Nachbemerkung zum Streit um „Bilderstreit“ in Köln

Baselitz, Lüpertz, Penck: Namen, die uns zum Halse heraushängen. Man trifft sie, mal wieder, auf Johannes Gachnangs großer Vom-Nachkrieg-bis-zur-Postmoderne-Messe Bilderstreit, die auch in ihrer letzten Woche keine Besuchermassen nach Köln-Deutz lokken konnte. Es ging sich auch schlecht, zuletzt, auf dem Scherbenhaufen, den Ausstellungsmacher, Galeristen und Künstler hinterlassen hatten.

Der Kontrast offenbart, schlaglichtartig, noch einmal die Qualität des Ausstellungsmachers Harald Szeemann (zuletzt: Zeitlos, Hamburger Bahnhof, West-Berlin), wo jedes oder fast jedes Objekt an seinem Platz stand, als wäre der Raum ihm notwendig zugewachsen. Eine Halle, für ein paar Wochen eingerichtet, als sei es für die Ewigkeit. Und so bleiben die Objekte auch im Kopf: eingeschrieben.

Vielleicht ein bißchen spät haben es einige Künstler gemerkt, daß Bilderstreit eine schlampige Messe zur Illustration hochfahrender Thesen werden würde. Das Argument, hier hätten die Ausstellungsmacher dem kommerziellen Interesse eines oder zweier Galeristen nachgegeben, erinnerte an die große Beuys-Show in Berlin, die ein einziger Skandal war. Dann wurde der Rückzug aus Bilderstreit in großem Stil öffentlich betrieben. Aus dem Bilderstreit wurde ein Bilderkrach.

Gefährlich können Galeristen dem Kunstbetrieb aber erst dann werden, wenn ihre Künstler durchgesetzt sind und schlimmer noch - verkommen zu Labels, zu Etiketten. Dann werden die Werke des Künstlers-als-junger-Mann aus dem Keller geholt und zur Bebilderung der jüngsten Kunstgeschichte feilgeboten. Was dazugeliehen wird, von öffentlichen und privaten Sammlern, ist dann nur noch Dekor, das die verkäufliche Ware aufwertet wie der Oldie im Schaufenster des Autohändlers.

Baselitz, Lüpertz, Penck: Sie hängen uns zum Halse heraus, weil sie scheinbar unvermeidlich sind. Aber was sagen die Herren uns wirklich über die sechziger und siebziger Jahre, wenn Bacon und Christo, zum Beispiel, fehlen? Was im Kopf bleiben wird von Köln-Deutz, sind nur ein paar Namen, nicht Bilder-an-Orten. Die Ikonographie eines Ausstellungsmachers

-sein System von Motiven - muß so stark sein wie die Ikonographie jedes an seiner Ausstellung beteiligten Künstlers.

In Köln also hat sich der Kommerz in den Schwanz gebissen. Und dennoch wäre es billige Polemik, prinzipiell die Galerien verantwortlich zu machen. Denn es sind immer noch und gerade jetzt die Galerien, die Neues an die Öffentlichkeit bringen. Die Künstler hätten ja keine Chance, müßten sie auf das Interesse von Museen und Vorstandsvorsitzenden der großen Banken warten. In jeder Großstadt gibt es eine Handvoll Galerien, die nicht alte Bestände vermarkten, sondern junger Kunst ans Licht helfen. Es macht noch immer Spaß, dabeizusein.

U.E. Ziegler