: Festnahmen in Bet Sahur
Palästinensisches Musterdorf in der israelisch besetzten Westbank unter Ausgangssperre Hungerstreik der Bevölkerung gegen Schließung der Schulen angekündigt ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Über Bet Sahur, einer vornehmlich christlichen Stadt unweit von Bethlehem in der israelische besetzten Westbank, ist am Sonntag eine mehrtägige Ausgangssperre verhängt worden. Zahlreiche Persönlichkeiten der Stadt wurden festgenommen, darunter der Schriftsteller Djamal Banura, der Physiklehrer Ghassan Andoni, der in normalen Zeiten an der Universität von Bir Zeit unterrichtet, und der Vorsitzende der islamischen Gesellschaft am Ort, Mohamed Schreim. Die meisten der Verhafteten waren im vergangenen Jahr an einem Dialog mit westjerusalemer Friedensgruppen beteiligt, die Bet Sahur von Zeit zu Zeit Besuche abstatteten.
Der Militärgouverneur von Bethlehem, der für Bet Sahur zuständig ist, konnte oder wollte den Behörden und Familien in Bet Sahur keine Gründe für die Verhaftung führender Persönlichkeiten der Stadt geben. Bet Sahur gilt seit Beginn der Intifada als ein palästinensisches Musterdorf, da die Bevölkerung konsequent die verschiedenen Kampagnen des zivilen Ungehorsams umsetzte und beispielhaft für unbewaffneten Widerstand gegen die Besetzung und eine friedliche politische Regelung des Konflikts im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung eintrat.
Bei den neuen Militäraktionen gegen Bet Sahur wurden Autos von Bürgern beschlagnahmt, die vorgeschriebene Steuern nicht zahlen wollen. Im Vorjahr kam es bereits zu einem scharfen Zusammenstoß mit den Behörden, als die EinwohnerInnen der Stadt einen Sitzstreik abhielten, um gegen Steuerverordnung und Enteignungen durch die israelischen Militärbehörden zu protestieren. In den besetzten Gebieten wurde am Sonntag das 42.Flugblatt der Aufstandsführung verteilt. Unter anderem wird die gesamte Bevölkerung für den 19.Juli zu einem Hungerstreik aufgerufen, um gegen die Schließung der Schulen und Universitäten in der Westbank sowie die Massenfestnahmen, Vertreibungen und Sprengung von Häusern zu protestieren.
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